Als ich im Regenmonat Januar 2016 einen vierwöchigen Urlaub in Portugal, an der Algarve machte, lernte ich den Zahntechnikermeister Wolfgang Spengler kennen. Ein wunderschönes etwas verstecktes Schild am Wegesrand mit der Aufschrift „Sol Dental“ weckte mein Interesse und ich folgte einer holprigen Wegstrecke, bis ich endlich ans Ziel gelangte. Der Inhaber des Dentallabors, Wolfgang Spengler, geboren 1956 bei Stuttgart, empfing mich sehr herzlich und zeigte mir sein kleines Labor; sein Paradies, nicht zu vergleichen mit deutschen Laboren. Natürlich war ich neugierig auf seinen Lebensweg und darauf, wie die Zahntechnik und die Zusammenarbeit mit Zahnärzten in Portugal in der Vergangenheit und heute noch funktionieren. Ich löcherte ihn mit vielen Fragen, welche er geduldig – nach portugiesischer Art – beantwortete: „Nach der Mittleren Reife absolvierte ich eine Lehre als Zahntechniker. Danach bestand ich die Gesellen.- und die Meisterprüfung. Mit 29 Jahren machte ich mich selbständig. Nach kurzer Zeit beschäftigte ich zehn Angestellte. Doch das Schicksal geht manchmal andere Wege und die Zukunft ist nicht immer planbar. Meine Frau erkrankte an Krebs, deshalb verkaufte ich mein Labor im Jahr 2002. Wir wollten einfach gemeinsam mal alles anders machen und dem Stress entfliehen.“
Die Ferien verbrachte Familie Spengler schon oft in Portugal und daher kauften sie ein Grundstück in Santa Catarina Fonte do Bispo, Portugal/ Algarve. Er baute ein Haus und ein zahntechnisches Labor im Grünen. Wie ging das Leben in einem fremden Land damals weiter, wollte ich selbstverständlich wissen: „Ich ging auf die Suche nach Zahnärzten, während ich nebenbei den Garten gestaltete und die portugiesische Sprache erlernte. Kräuter sammeln und mit den zwei Hunden laufen, sowie mein ganzes Brennholz selbst machen, füllte meine erste Zeit gut aus. Nach wenigen Monaten arbeitete ich für sieben ansässige Zahnärzte in der Region: sie kamen aus Portugal, Südafrika, Brasilien, England, Schweden, Norwegen und auch aus Deutschland. Ich hatte viele Jahre gut zu tun, es war manchmal fast nicht zu bewältigen. Vor drei Jahren änderte es sich die Situation. Die Auswirkungen der Finanzkrise machten sich ja besonders in Portugal bemerkbar. Zahnärzte sind auch hier Unternehmer und schauen aufs Geld, um Miete und Gehälter zu zahlen und den veränderten Lebensstandard zu bewältigen. Zunehmend schickten sie die überwiegende Zahl von Arbeiten an Großlabore z.B. nach Lissabon, deren Preise für einen „Einmannbetrieb“ nicht zu unterbieten sind. Der technologische Fortschritt und damit verbunden neue Geräte wie z.B. Fräsmaschinen waren für mich nicht zu Finanziren. So lasse ich nun manche Fräsarbeiten ebenfalls in den Großlaboren herstellen, es ist preisgünstiger und ich kann noch gut arbeiten.“
In dem Moment kommt – mal eben so – ein Bekannter ins Labor und möchte sich die neuesten künstlerischen Arbeiten von ihm anschauen. Einige Plastiken und Figuren habe ich natürlich selber schon entdeckt, denn sie sind überall im Labor verteilt. Wir können unsere Unterhaltung daher gemütlich fortsetzen. „Die portugiesischen Einwohner aus der Umgebung kennen mein Labor. Bei Problemen mit dem ZE wollen sie meistens nur eine simple Reparatur, da sie sich keine neuen Prothesen leisten können. Viel Kreativität ist manchmal angesagt, um helfen zu können – für deutsche Vorstellungen unvorstellbar. Die einfachen Leute sind sehr dankbar und sie lassen es sich nicht nehmen und bezahlen sofort ihre Rechnungen. Hier in den Bergen herrscht eine andere Moral.“
Etwas elegisch schaut er bei seiner Erzählung schon aus. Doch im nächsten Moment erstrahlt sein Gesicht und er fängt an, über seine Kunst zu sprechen: „Schon vor einigen Jahren fing ich an, kleine Kunstwerke aus Holz, Granit, Speckstein und neuerdings auch aus Kork zu fertigen. Mein Ideenreichtum und meine Gestaltungskraft, gepaart mit handwerklichem Geschick, kann ich in meiner Kunst ausleben. Nun bin ich froh über die Kombination mit meiner Kunst und sie bedeutet zugleich eine neue Perspektive für mein Leben. In diesem Bereich fange ich ebenso von vorne an, die Kontakte müssen erst geknüpft werden.“ So bescheiden braucht er aber nicht zu sein, denn einige Ausstellungen hatte Herr Spengler schon. Z.B. in Lagoa – dort befindet sich eine der größten Galerien an der Algarve, ebenso in Tavira, einem beliebten deutschen Ferienort. Im August und September dieses Jahres wird es eine Ausstellung im städtischen Museum in Faro und im November in der städtischen Galerie São Brás geben. Übrigens gibt es in dieser kleinen Stadt den bekannten „Hühnerhugo“, ein beliebter Treffpunkt (Restaurant) bei deutschen Einheimischen. Einige Exemplare seines künstlerischen Könnens konnte ich nicht nur im Labor, sondern auch im Garten bewundern. Zwischen Kräutern, Apfelsinenbäumchen und den eigenen Kunstwerken zu leben, hat einen ganz besonderen Reiz. Herr Spengler hat noch eine Vision: „Ich werde Kurse anbieten und möchte mit Gleichgesinnten neue Wege in der Kunst entdecken und beschreiten“.
Gemeinsam mit seinem Bekannten trinken wir in gemütlicher Runde noch einen Kaffee im Freien und ich genieße die wunderbare Aussicht. Es war ein angenehmer und spannender Nachmittag und ich nehme einige Anregungen für mich persönlich (Skulpturen im Garten) mit nach Hause. Ich werde im nächsten Jahr wieder an die Algarve reisen und bin schon jetzt auf seine neuen Werke und die Umsetzung seiner Ideen gespannt.
Dr. (H) Henny Deda, Dentistamitglied
Primadonner Praxis / Kultur / Raum, Alsenzer Weg 13, 12559 Berlin
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