Der Begriff Gender-Marketing hat sich in den letzten Jahren seine feste Position in Puncto Wahrnehmung und Beachtung gesichert. Dabei beschreibt er die zielgruppenspezifische Marketingausrichtung nach Geschlecht und bietet reichlich Potenzial sowie Dimension unter seiner Hülle von gerade einmal sechs Buchstaben. Doch was bedeutet der Blick durch die Gender-Brille für das Praxis-Marketing? Und muss ich diese Brille überhaupt aufsetzen?
Beim Konsum von Kleidung, Kosmetik, der Wahrnehmung von Dienstleistungen oder aber auch beim scheinbar harmlosen Besuch im Supermarkt begegnet er uns allgegenwertig: der Gender-Blick von Produkt- und Dienstleistungsadressaten und ihren entsprechend lancierten Marketingmaßnahmen. Denn fest steht: Frauen und Männer haben unterschiedliche Kommunikationsbedürfnisse und weisen starke Unterschiede im Kommunikationsverhalten auf. Eine Werbebotschaft, die von einer Frau wahrgenommen wird, muss einem Mann noch lange nicht auffallen – und umgekehrt. Dabei werden die Empfänger-Antennen bewusst stimuliert, sei es durch Farbe, Form, Haptik, Geruch oder Textsprache.
Wir alle begegnen diesen Gender-Marketing-Maßnahmen tagtäglich, ohne diese bewusst wahrzunehmen. Doch die Frage nach der bewussten Wahrnehmung sollte gezielt gestellt werden, wenn es um das eigene Marketing geht – denn auch beim Praxismarketing haben zielgruppenspezifische Botschaften längst Einzug gehalten.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass dem Thema Gender-Marketing keine allübergreifende Position zugesprochen werden muss, dass man die zielgruppenrelevante Wirkung beim Empfänger aber durchaus in seine Überlegungen einbeziehen sollte. Das Gender-Marketing ist als ein Teil des ganzheitlichen Marketings zu betrachten und kann – richtig eingesetzt – günstige Wirkungen erzielen. Stellt man sich folglich den Herausforderungen von Ist-Analyse und Bedarfs-Analyse, um sein Praxis-Marketing bestmöglich aufzustellen, liegt es nahe, auch die Wirkung der angedachten Maßnahmen auf den Patienten abzuschätzen. Fokussiere ich eine weibliche Patientengruppe oder habe ich vorrangig männliche Patienten? Möchte ich all meine Leistungsschwerpunkte hervorheben oder nur gezielte? Und wenn ja, wie ist die Gewichtung von Mann und Frau im Leistungsabsatz? Spannende Fragen, die richtig gestellt noch einmal einen ganz neuen Blick auf Ihre Patientenkommunikation eröffnen.
Lege ich beispielsweise meinen Fokus auf Prophylaxe-Leistungen, ist hier meist ein etwas höherer Anteil von Patientinnen festzustellen. Weil Vorsorge ein eher weiblich-besetztes Thema ist, was uns die Analysen der Krankenkassen immer wieder aufzeigen, und weil die „Wellness-Aspekte“, die beispielsweise mit PZR und Bleaching einhergehen, tendenziell eher Frauen-affin sind. Folglich gilt es, diese Zielgruppe mit den entsprechenden Marketingmaßnahmen zu treffen, was nicht heißt, dass alles blumig, rosa und bunt daher kommen muss. Vielmehr geht es um eine weibliche Ansprache nicht nur in der Optik, sondern auch im Layout, dem Medium und den Stil der Texte. Wünschen Sie sich beispielsweise in diesem Bereich mehr männliche Patienten, könnte eine der Überlegungen sein, hier einen zweiten Praxis-Flyer zu erstellen, der speziell auf die Bedürfnisse der Herren abzielt in Form, Farbe, Schrift und Wording – die uns allen bekannten Marken-Größen machen es schließlich nicht anders.
Diese Szenarien lassen sich in anderen Disziplinen ähnlich durchdenken, egal ob es um Kieferorthopädie, Endodontie oder Implantologie geht. In welcher Form möchte eine Frau über Leistungen und Eingriffe informiert werden – fachlich, sachlich, oder emotional? Und welcher Ansprache bedarf der gleiche Leistungskatalog bei den männlichen Patienten? Ist der dunkelblaue Farbton beim Endodontie-Flyer für Leserrinnen nicht etwas zu erdrückend und die Bildsprache zu klinisch? Oder sind die Hinweise zur Praxisphilosophie auf der PZR-Broschüre für Männer nicht eher zweitrangig und uninteressant? Kleine Denkanstöße, die Großes bewirken können und die das Praxis-Marketing noch effizienter werden lassen.
Um die Zielgruppe mit dem eigenen Marketing noch effizienter zu erreichen, kann es folglich helfen, bei Ist- und Soll-Analyse auch die Gender-Brille aufzusetzen. Nicht jeder Marketing-Flyer, jede Visitenkarte und jedes Praxis-Booklet müssen in zweierlei Versionen vorliegen. Dennoch sollten Sie bei jedem Entwicklungsprozess Ihrer Marketing-Materialien kritisch hinterfragen, ob die Zielgruppe auch hinsichtlich Männlein und Weiblein ideal erreicht wird.
Ein optisch ansprechender Anamnesebogen in schönem Layout, Ihrer Corporate Identity und farbiger Rückseite – alles nur Spielerei und kostspieliger Schnick-Schnack? Ihre Patientinnen werden dies zu schätzen wissen, Ihr Gespür für Ästhetik erkennen, dies auch mit der Behandlungsqualität assoziieren und vor allem: wertschätzen, das Sie sich für Ihre Patienten Zeit nehmen. Denn das beginnt schon beim eigenen Anamnesebogen, der den emotionslosen Vordruck aus dem Praxis-EDV- System ganz klar ins Abseits rückt.
Gender-Marketing – ein unterschätzter Begriff, der gerade im Bereich der Geschäftsausstattung und Werbemittel sehr viel Potenzial hat, um Ihr ganzheitliches Praxis-Marketing noch überzeugender werden zu lassen. Denn wir alle werden in nahezu allen Bereichen unseres Lebens durch die Gender-Brille adressiert – tun Sie dies auch umgekehrt und setzen Sie Ihre Botschaften gezielt.
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Nadja Alin Jung
Dipl. Betriebswirtin
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