In diesem Monat beantwortet unsere Rechtsbeirätin RAin Jennifer Jessie Fragen zum Thema „Übergang der Praxis in ein MVZ – ändert sich etwas an meinen Arbeitsverträgen und beispielsweise beim Still-BV?“
RAin Jennifer Jessie, Beirätin Rechtsfragen Dentista e.V., Kontakt: kanzlei@medizinanwaelte.de
Wenn eine Praxis in ein MVZ umgeschrieben wird, sind dann automatisch neue Arbeitsverträge notwendig?
Nein. Wenn Praxisinhaber ein MVZ gründen wollen, handelt es sich arbeitsrechtlich um einen Betriebsübergang gemäß § 613a BGB. Für angestellte Zahnärzte und die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverträge ändert sich nichts. Gemäß § 613a Abs. 1 BGB tritt der neue Arbeitgeber, hier also das MVZ, in alle Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis ein. D.h. sowohl die vereinbarte Arbeitszeit, das Gehalt, die Urlaubstage, aber auch die Kündigungsfristen aus dem bestehenden Arbeitsvertrag gelten weiterhin. Eine Kündigung durch den Praxisinhaber wegen des Betriebsübergangs ist unzulässig, § 613 Abs. 4 BGB.
Besonderheiten, die im Einzelfall zu einem anderen Ergebnis führen können, kommen nur in Betracht, wenn es sich um einen befristeten Arbeitsvertrag handelt, der schon vor Gründung des MVZ ausläuft oder wenn Angestellte dem Betriebsübergang widersprechen würden (§ 613a Abs. 6 BGB) oder auch im Falle, dass die angestellte Zahnärztin selbst im Zusammenhang mit der MVZ-Gründung neue Konditionen verhandeln möchte (Änderungsvertrag). Sofern aber angestellte Zahnärzte an ihrem bestehenden Arbeitsvertrag auch nach der MVZ-Gründung festhalten möchten, haben sie hier aufgrund der gesetzlichen Regelungen nichts zu befürchten.
Ändern sich die Rechte/ Pflichten als angestellte ZÄ im MVZ, insbesondere bezogen auf Beschäftigungsverbot. Ich befinde mich dann im Beschäftigungsverbot durch Stillen und habe dadurch ja nur Kündigungsschutz für 4 Monate, muss ich dann auf irgendwelche Formulierungen im evtl neuen Vertrag achten?
Auch im Hinblick auf das Beschäftigungsverbot für stillende Mütter ändert sich im Falle des Betriebsübergangs auf ein MVZ nichts. Der „neue“ Arbeitgeber tritt in alle Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis ein und muss daher selbstverständlich genauso die Schutzvorschriften nach dem Mutterschutzgesetz beachten wie der „alte“ Arbeitgeber auch. Der Einsatz am Stuhl wird auch im MVZ für stillende Zahnärztinnen nicht möglich sein, von daher ändert sich auch hieran nichts. Für die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen nach dem Mutterschutzgesetz ergeben sich insofern auch keine Besonderheiten. Nach Ende der Schutzfrist geltend die vertraglichen Kündigungsfristen aus dem bestehenden Arbeitsvertrag.
Wenn man sich nicht im BV, sondern in Elternzeit befindet, inwieweit geht dann der Anspruch auf den alten Arbeitsplatz im Anschluss an die Elternzeit verloren, wenn man währenddessen einen neuen Vertrag durch MVZ abschließt, was gibt es da zu beachten?
Da das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit nur ruht, geht auch dieses Arbeitsverhältnis im Falle einer MVZ-Gründung mit über. Es gelten die Bestimmungen nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) unverändert fort.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt und der Zeitpunkt der Befristung in der Elternzeit oder auch während des Mutterschutzes liegt. Die gesetzlichen Kündigungsschutzfristen nach dem MuSchG und nach dem BEEG haben hierauf keinen Einfluss, so dass befristete Arbeitsverträge auch innerhalb dieser Schutzzeiten zulässigerweise enden können.
Dies schließt aber nicht aus, für die Zeit nach der Befristung einen neuen, unbefristeten Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Natürlich ist hierfür zwingende Voraussetzung, dass auch und gerade der Arbeitgeber dies wünscht. Ein Anspruch auf den alten Arbeitsplatz ergibt sich hierdurch zwar nicht, denn es wird in diesem Fall ein neues Arbeitsverhältnis vereinbart. Aber die grundsätzliche Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auch nach der Elternzeit bleibt zumindest denkbar und möglich, wenn hierfür ein gegenseitiges Interesse besteht.