Das 11. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium „Zahnmedizin in Zeiten des Fachkräftemangels“

Am 24. und 25. Mai 2019 lud der Dentista e.V. zum bereits elften Mal in Folge zu seinem alljährlichen Hirschfeld-Tiburtius-Symposium ein. In diesem Jahr fand das HTS unter dem Titel „Zahnmedizin in Zeiten des Fachkräftemangels“ in der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe statt.

Dentista Präsidentin Dr. Susanne Fath

Ergonomie zum Auftakt

Den Auftakt des Symposiums gab Dr. Herluf Skovsgaard aus Dänemark, einer der bekanntesten europäischen Referenten im Bereich Ergonomie und Autor des renommierten Fachbuches „Dancing Hands“. In seinem Vortrag ging es um die effiziente Gestaltung des Arbeitsplatzes und die Vermeidung von Muskel-Skelett-Erkrankungen. Anschaulich demonstrierte Dr. Skovsgaard mithilfe eines Phantomkopfes, wie durch einfache Veränderungen der Patientenposition und deren Kopfstellung sowie der eigenen Positionierung die jeweiligen Haltungen bei den unterschiedlichen Behandlungen optimiert werden können. Durch eine optimierte Anordnung der Instrumente und Materialien könne der Arbeitsplatz zudem so gestaltet werden, dass die Abläufe für Behandler und Stuhlassistenz ohne schädigende Verdrehungen und Abwendung vom Patienten ermöglich werden. Sowohl die perfekte vierhändige Teamarbeit als auch zweihändige Methoden für Behandlungen ohne Assistenz wurden in dem interaktiven Vortrag präsentiert.

Über die perfekte Sitzstatik

Der Vortrag „Die Anwendung von TaiChi-Prinzipien zur Vermeidung von haltungsbedingten Rückenbeschwerden im Praxis-Team“ schloss nahtlos an das Ergonomie-Thema an. Nach ersten Lockerungs- und Bewusstseinsübungen bat der ausgebildete HNO-Arzt und TaiChi-Lehrer Dr. Norbert Staab/Schlüchtern die Teilnehmerinnen zunächst, alle fünf Minuten auf ihre Sitzhaltung zu achten und diese gegebenenfalls immer wieder entsprechend der von ihm erläuterten Grundposition zu korrigieren, um eine perfekte Statik im Sitzen zu erzielen. Auf dieser typischen arbeitsbedingten Haltung im Praxisalltag müsse besonderes Augenmerk liegen, da es beispielsweise durch die häufige Instrumentenaufnahme von rechts zu Beugung und Torsion der Wirbelsäule käme, die funktionelle Störungen und strukturelle Schädigungen hervorrufen könnten. Aus energetischer Sicht wurden die Bedeutung von Yin und Yang in der Körperhaltung und die Wichtigkeit der Balance von Verbindungsachsen aufgezeigt. Wie schon sein Vorredner plädierte auch Staab dafür, dass eine aufrechte Haltung sowie die blinde bzw. assistierte Instrumentenaufnahme eingerichtet und trainiert werden müssten.

Fachkräfte finden, binden und halten

Der Samstag startete dann mit dem Themenschwerpunkt: „Das Fachkräftedilemma in der Zahnarztpraxis“. Referentin Prof. Dr. Astrid Seltrecht/Magdeburg gab einen Überblick über die Möglichkeiten zur Rekrutierung von Fachkräften („Denken Sie auch an ,stille Reserven´, wie z.B. Patientenmütter, die nach der Babypause wieder einsteigen möchten“) bis hin zu kreativen Ideen im Umgang mit dem Fachkräftemangel: „Z.B. könnten sich mehrere Praxen eine Telefonistin teilen – in Zeiten der Digitalisierung ist das kein Problem.“ Umfangreich kam das Thema Ausbildung zur Sprache: Schlechte Bezahlung, kaum Aufstiegschancen sowie eine zunehmende Akademisierung stellten Herausforderungen dar, auf die die Praxis zu reagieren hätte. Doch – wie? Hierzu gab es auch seitens des Plenums erheblichen Diskussionsbedarf. Neben einer leistungsgerechten Bezahlung seien es vor allem die „Social skills“, die die Mitarbeiter binden würden. „Vom Parkplatz in Praxisnähe bzw. der Übernahme eines Tickets für den ÖPNV, einem Kindergartenzuschuss und familienfreundlichen Arbeitszeiten haben Sie als Praxisinhaberin viele Möglichkeiten, Ihren Mitarbeiterinnen entgegen zu kommen.“ Dass ein gutes Betriebsklima an erster Stelle im „Arbeitgeber-Ranking“ stehen, ist zwischenzeitlich kein Geheimnis mehr. „Hier sind Sie als Führungskraft gefragt.“

Wertschöpfung durch Wertschätzung

Nach einem spannenden Workshop des Dentista-Paten Ivoclar Vivadent zum Thema „3sPower Cure-System: Effizienz & Ästhetik bei Composite-Füllungen der Klassen I und II“ durch Dr. Monika Reichenbach setze Business-Coach Regina Först/Bordesholm den fulminanten Schlusspunkt hinter das HTS 2019. Ihr Thema „Never walk when you can dance – Authentisch nach vorn“. Die Referentin, vielen Teilnehmerinnen bereits durch den einen oder anderen Workshop bekannt, entfachte ein wahres Feuerwerk an Anekdoten und Anregungen rund um die Themen Selbst-/Führung und Wirkung. So sei die Basis erfolgreicher Mitarbeiterführung immer innere Klarheit. „Wichtig: Kenne Dein WARUM“ Diese Reise könne aufschlussreich sein und auch einige Zeit in Anspruch nehmen, lohne sich aber unbedingt. „Dann können Sie Ihren Mitarbeiterinnen wirklich zuhören, sie wahrnehmen – und so wertschätzend handeln.“ Damit auch im stressigen Praxisalltag die Bewusstheit für wertschätzende Kommunikation nicht auf der Strecke bleibt, hatte Regina Först einige Tipps dabei: „Schreiben Sie sich für jeden Mitarbeiter auf, was genau sie an ihm schätzen. Was sie toll finden an ihm oder ihr. Und lesen Sie sich das immer mal wieder durch!“. Lob sei immer unmittelbar auszusprechen, vor so viel Publikum wie möglich. „Lob und Wertschätzung ist die größte Motivation.“

Das 10. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium „Herausforderungen meistern – in Praxis & Labor“

Am 08. und 09.06.2018 lud der Dentista e. V. zur Jubiläumsveranstaltung – dem inzwischen 10. Hirschfeld-Tiburtius-Sympo- sium (HTS) – nach Leipzig ein. Die Themen des zweitägigen Symposiums waren überschrieben mit dem Begriff „Herausforderungen meistern“: Dies galt für den fachlichen Teil am Freitag (Herausforderung: Prothetik) wie auch für die unternehmerischen Themen des Samstags, die den Alltag in Praxis und Labor gleichermaßen betreffen.

Der Mix aus Fach- und Führungsthemen war dabei kein Zufall. „Wir haben einfach nachgefragt: Verschiedene Teile des letzt- jährig modifizierten Tagungskonzeptes wurden beibehalten und mit Wünschen der Vorjahresteilnehmerinnen weiterentwickelt“, so Präsidentin Dr. Susanne Fath. Der beliebte Workshop-Charakter der Veranstaltung, der schon 2017 auf großen Zuspruch gestoßen war, blieb ebenfalls erhalten. Neu hingegen war das Angebot von Parallel-Workshops zweier Unternehmen. „Wir wollten den Dentista Paten die Möglichkeit geben, sich ebenfalls in die Veranstaltung einzubringen. Auch diese Idee ging auf, die Teilnehmerinnen nahmen das Angebot sehr gern an.“, so PD Dr. Dr. Christiane Gleissner, die sich für das Tagungsprogramm verantwortlich zeichnete.

Fachthemen zum Auftakt

Den Auftakt des Symposiums gab OÄ Dr. Silvia Brandt, (Frankfurt a. M.), mit dem Thema „Die prothetische Versorgung des teilbezahnten Kiefers OHNE Implantate“. Der Vergleich der Mundgesundheitsstudien 2005 und 2016 hätte gezeigt, dass immer weniger jüngere Senioren zahnlos seien – die Anzahl habe sich halbiert. „Das heißt aber auch, dass Teilprothesen eine immer größere Bedeutung zukommt“, so Dr. Brandt. Hier seien individuelle Therapiekonzepte gefragt, bei deren Planung die Wünsche des Patienten eine ebensolche Rolle spielten wie die biologischen Aspekte. Die konventionelle Prothetik biete „eigentlich alle Möglichkeiten“: z. B. Adhäsivbrücken böten eine gute Versorgung bei hoher Patientenzufriedenheit. Hier sei der Vorzug eindeutig der einflügeligen Variante zu geben, da diese ein erheblich geringeres Kariesrisiko berge, weil unbemerktes Ablösen hier nicht möglich ist. Auch die Modellgussprothese sei im teilbezahnten Kiefer „immer noch sinnvoll“, erfordere jedoch eine gute Compliance: „Wenn Sie den Patienten im Recall haben, überleben die Prothesen signifikant länger.“ Bei Implantatprothesen hingegen hänge der Erfolg entscheidend von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Ankerzähne ab. So spreche laut Dr. Brandt vieles für eine kombinierte Prothese. Ausführlich ging sie deshalb auf die Konus-Galvano-Prothese ein, welche die Vorteile des festsitzenden mit denen des herausnehmbaren Zahnersatzes verbinde. Mit dem „Frankfurter Prinzip“ stellte sie ein Behandlungsprotokoll für eine zahn- und/oder implantatgetragene Prothese vor: Material, Herstellungsprozess und Behandlungsprotokoll für die Konus-Galvano-Prothese seien modifiziert worden – mit Erfolg. Selbst bei rein zahngetragenen OK-Prothesen mit meist sechs Pfeilern betrage die Erfolgsrate nach einer eigenen Studie 92,8 %, im (meist implantatgetragenen) UK sogar 96,7 %. Auch bei der Patientenzufriedenheit sei kein Unterschied zu implantatgetragenen, festsitzenden Prothesen festzustellen. Das Frankfurter Prinzip habe sich klinisch bewährt und verspreche eine hohe Erfolgsrate.

Unternehmerische Herausforderungen

Den zweiten Tag des HTS eröffnete Ute Regina Voß (Frau & Vermögen, Kiel) mit ihrem Vortrag „Dagoberta macht Kasse – oder auch: Geld steht jeder Frau“. Informativ und humorvoll gab die Referentin einen tollen Überblick zum Thema Finanzen mit Tipps zur Lebensführung, zu Verträgen, Anlagen, Versicherungen und ganz allgemein zum Thema Frauen und Geld. Ein sehr kurzweiliger Vortrag, der den begeisterten Teilnehmerinnen viele wertvolle Inspirationen für den privaten und beruflichen Alltag gab, wie z. B. das Anlegen eines Notfallordners. „Geld ist wie Mist: Man muss es streuen und verteilen, um ernten zu können.“, so das Fazit der Referentin.

Im Anschluss boten Parallel-Workshops die Möglichkeit, das Symposium noch individueller zu gestalten: Das große Thema des HTS – „Herausforderungen meistern – in Praxis & Labor“ spiegelte sich auch im Themenangebot der Workshops wieder: „Befestigung – Durchblick durch den Materialdschungel“ mit Dr. Monika Reichenbach (Ivoclar Vivadent) und „Praxismarketing & Patientengewinnung“ durch Dr. Andreas Laatz (LS smart, Hamburg) im Auftrag von E-WISE. Der Dentista e. V. bedankt sich herzlich bei den Sponsoren für die bereichernden Vorträge, durch die das HTS an Individualität gewonnen hat.

Nach einer stärkenden Mittagspause berichtete Dentista Rechtsbeirätin RAin Jennifer Jessie (Kanzlei Lyck+Pätzold, healthcare.recht, Bad Homburg) über das seit dem 01.01.2018 in Kraft getretene Mutterschutzgesetz und die Konsequenzen für selbständige und angestellte Zahnärztinnen. Dabei ging sie sowohl auf die Situation einer angestellten Schwangeren als auch auf die gesetzlichen Verpflichtungen und Möglichkeiten für Praxisinhaber bzw. Arbeitgeber ein. Im Anschluss ergab sich eine rege Diskussion zum Thema Beschäftigung während der Stillzeit vs. Elternzeit.

Last but not least gab PD Dr. Christoph Ramseier (Bern) den Teilnehmerinnen mit seinem Vortrag „Empathie statt Expertise: Verhaltensänderung durch motivierende Gesprächsführung“ wertvolle Hilfestellungen im Bereich Patientenberatung. Anschaulich erklärte er, wie Patienteneinstellungen verändert werden können. Am Beispiel der Anwendung von Interdentalbürsten zeigte er auf, wie ein Patient dazu ermutigt werden könne, diese auszuprobieren und regelmäßig zu benutzen. Das Beratungskonzept kam an: Zahlreiche Teilnehmerinnen gaben an, es auf jeden Fall ausprobieren zu wollen, und zwar nicht nur bei der Behandlung, sondern am liebsten auch im Alltag.

Im Anschluss lud Dentista anlässlich des zehnjährigen Jubiläums zu einem kleinen Grillfest unter dem Motto „Frauen machen Feuer“ ein. Hier ließen die Teilnehmerinnen das HTS bei strahlendem Sonnenschein und mit kühlen Drinks auf der Terrasse des schönen Tagungshotels ausklingen — und stießen gemeinsam auf die nächsten zehn Jahre erfolgreicher Dentista Symposien an.

Das 9. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium „Funktion – von A wie Arbeitsplatz bis Z wie Zahnersatz“

Für das diesjährige Hirschfeld-Tiburtius-Symposium hatte der Dentista e.V. am 22. und 23. September 2017 eine besonders schöne Location gewählt: Schloss Tremsbüttel bei Hamburg. Das Gelände bot nicht nur einen stilvollen Rahmen für die Tagung selbst, sondern auch einen einladenden Schlossgarten für Pausen und Spaziergänge. 

Inhaltlich hatte das HTS 2017 viel Neues zu bieten: Erstmals stand nicht nur Fachlich-Innovatives aus der Zahnmedizin auf dem Programm, sondern auch Fragen aus dem Bereich „Team – Führung“. Den Auftakt gab mit Dr. Andrea Diehl und ZTM Jacqueline Riebschläger ein eingespieltes Berliner Team, das den Teilnehmerinnen einen faszinierenden Einblick in die Funktionstherapie mit gefrästen Schienen gab. Beide arbeiten in Praxis und Labor eng zusammen und stellten anhand eigener Fälle die Vorteile der gefrästen Polycarbonatschiene (sog. „Snap-on-Schiene“) dar – für Behandler und Patient. „Die Snap-on-Schiene füllt auf, was fehlt“, so ZTM Jacqueline Riebschläger, „sie wird auf unbeschliffene Zähne aufgesetzt und ermöglicht dem Patienten sofort ein deutlich höheres Maß an Lebensqualität.“  Die hohe Flexibilität des thermoplastischen Kunststoffs ermöglichten eine Tragezeit von 23 Std./ Tag, bis zu einem Jahr.

Team-Vortrag zur Funktionstherapie: ZTM Jaqueline Riebschläger und Dr. Andrea Diehl

Dr. Andrea Diehl unterstrich die Bedeutung der Schiene in der Funktionstherapie: Die Snap-on-Schiene sei kein Zahnersatz, sondern als „noninvasive, reversible Initialtherapie der allererste Schritt zur Wiederherstellung der Funktion.“ Grundlegend sei das Wissen um die Anatomie: „Um zu verstehen, wie das Kiefergelenk funktioniert, muss ich verstehen, wie die Muskeln drum herum arbeiten.“ Die klassische Ursache einer CMD sei in der Schwäche des Musculus masseter zu finden: „Wenn Ursprung und Ansatz des Muskels sich annähern, kann er nicht arbeiten.“ Eine Stimulation des gestörten Systems durch Einsatz einer gefrästen Polycarbonatschiene bringe hier sofort Entlastung. „Und zwar in dem Moment, wenn Sie die Schiene einsetzen“ – was mitgebrachte Videos sowie eine kleine Live-Demonstration eindrucksvoll darstellten.

Wenn´s im Team knirscht

Referent RA Carsten Wiedey beantwortete zahlreiche rechtliche Fragen

Der zweite Teil des HTS befasste sich ebenfalls mit Funktionsstörungen – mit denen im Team von Praxis und Labor. RA Carsten Wiedey/Hamburg  zeigte die rechtliche Seite auf – und warnte gleich zu Beginn: „Sobald Sie den Anwalt reinbringen, ist die gute Laune erst mal weg.“ RA Wiedeys Beitrag hatte klaren Workshop-Charakter: Neben der Klärung grundsätzlicher Fragen wie z.B. das  Aussprechen einer Abmahnung, die Gründe für  außerordentliche oder ordentliche Kündigungen, besonderem Kündigungsschutz und dem Umgang mit schwierigen Mitarbeitern nahmen individuelle Themen der Teilnehmerinnen breiten Raum ein.

Dr. Anke Handrock referierte über den Umgang mit Konflikten

Um es gar nicht erst soweit kommen zu lassen, schloss Dr. Anke Handrock/Berlin ihren Vortrag „Schlichten oder nicht?“ an. „Welche Konflikte gibt es? Woher kommen sie? Wie gehen wir am besten mit ihnen um und wann lohnt es sich (noch), einzugreifen?“ Um dies zu beantworten, sei es enorm wichtig, den Konflikt rechtzeitig zu erkennen und verschiedene Phasen zu unterscheiden. Hier sei Führungspersönlichkeit gefragt: „Sorgen Sie dafür, dass das gesamte Team seine Aufmerksamkeit auf ein Thema richtet – dann ändert sich was.“ Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, sei eine zielorientiere Fragestellung: „Ein ,warum´ zieht stets eine Rechtfertigung nach sich, ein ,wozu´ erklärt das Ziel.“

Am Ende des zweitägigen Symposiums konnte Präsidentin Dr. Susanne Fath ein klares Votum der Teilnehmerinnen entgegennehmen: Das neue Konzept kommt an! Der Mix aus Fach- und Praxisthemen soll auch beim HTS 2018 beibehalten werden – zu dem der Dentista e.V. am 8. und 9. Juni 2018 nach Leipzig einlädt.

Das 8. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium „Neues Denken, neues Handeln – neues Entscheiden?“

Von vielen Seiten kommen Neuerungen auf Praxis und Labor zu – neue Produkte, neue Vorgehensweisen, neue Erkenntnisse, Ansichten, Einsichten. Was nutzt das im beruflichen Alltag? Das HTS Symposium greift solche aktuellen Themen auf und vermittelt Fakten zur sicheren Entscheidungsfindung.

Das Programm:

  9.30 Uhr:   Anmeldung / Kaffee / Ausstellung
10.00 Uhr:  Eröffnung

  • >  Verleihung des Wissenschaftspreises 2016
  • >  Einführung in das fachliche Programm des HTS
  • >  Parodontal geschädigte Zähne – welche Konsequenzen sind für die prothetische Rekonstruktion zu erwarten? Referent: Dr. Daniel Pagel MSc., Berlin
  • >  Karies – was ist dran an Infiltration und selektiver Kariesentfernung? Referent: PD Dr. Falk Schwendicke, Charité     
  • >  Undichte Implantate – Relevanz für die Periimplantitis? Referentin: Prof. Dr. Katja Nelson, Freiburg
  • >  Komposit in der Prothetik – Rollenwandel eines Werkstoffs? Referentin ZTM Nena von Hajmasy, Köln
  • >  Gender Dentistry – müssen wir zwischen Patienten und Patientinnen unterscheiden? Referentin: PD Dr. Dr. Christiane Gleissner, Friedberg
  • >  Parodontitis – wie hilft uns systemisches Denken bei Diagnostik und Therapie der Entzündung? Referent: Dr. Heinz-Peter Olbertz, Troisdorf, GZM
  • >  Vollkeramik und Funktion – geht das zusammen? Was müssen Praxis und Labor beachten? Referenten:  PD Dr. Ingrid Peroz und Prof. Dr. Peter Pospiech, Charité

  • Fortbildungspunkte: 7

8. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium – die Jahrestagung des Dentista e.V.

Termin: 18. Juni 2016 – Anmeldung ab 9.30 Uhr, Ende ca. 18 Uhr, anschließendes Get-Together

Ort: Kaiserin-Friedrich-Stiftung, Robert-Koch-Platz 7, 10115 Berlin (neben der Charité in Mitte)

Wissenschaftliche Leitung: PD Dr. Ingrid Peroz

Teilnahmegebühren (Frühbucherpreis bis 2. Mai 2016):
Mitglieder (DGÄZ-Mitglieder zu Dentista-Konditionen)

Ordentliche Mitglieder:         160.- Euro  (130.- Euro)

Fördermitglieder:                   160.- Euro  (130.- Euro)

Assistenten:                              60.- Euro  (40.- Euro)

Studenten:                                20.- Euro  (15.- Euro)

Nichtmitglieder:                      210.- Euro  (180.- Euro)

Assistenten:                              75.- Euro  (60.- Euro)

Studenten:                                25.- Euro  (20.- Euro)

Praxisteam (ZFA, ZMP etc.)       75.- Euro  (65.- Euro)

Teamrabatt (ZA/ZT und Begleitung): 20 %

Den Flyer zum 8. Hirschfeld-Tiburtius-Symosium finden Sie HIER.

Infos & Anmeldung: info@b2k4hzyd.myraidbox.de oder über das ANMELDEFORMULAR.

Das 7. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium „Pragmatische Zahnheilkunde – innovativ und nah am Patienten“

Quelle: Kaiserin-Friedrich-Stiftung

DAS PROGRAMM

Verleihung des Dentista Wissenschaftspreises

Fachliche Einführung in das diesjährige Kongressprogramm
PD Dr. Ingrid Peroz, Charité, Wissenschaftliche Leiterin

BLOCK I: KINDER

  • Anamnese und häufige Probleme in der Kindermundgesundheit – Herausforderungen und innovative Lösungen
    OA Dr. Egbert Körperich, Charité
  • Kieferorthopädische Frühbehandlung – Indikationen und Konsequenzen
    OÄ Sylvia Engel, Charité
  • Fluorid – Indikationen, Vorgehen und Kommunikation mit den Eltern
    Dr. Ute Stein, Berlin
  • MIH, ECC – Erkennen, Behandeln und innovative Konzepte
    Dr. Stefanie Feierabend, Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Universitätsklinikum Freiburg

BLOCK II: HOHES ALTER

  • Anamnese und häufige Probleme bei Patienten im hohen Alter – Herausforderungen und innovative Lösungen
    Prof. Dr. Ina Nitschke, DGAZ
  • Zahnmedizin – zwischen state of the art und Pragmatismus
    Dr. Andrea Diehl, Berlin
  • Prothetik mit Zukunft – nachhaltig und patientengerecht
    ZTM Volker Hamm, Meschede

BLOCK III: Erwachsene

  • Knochenresorption nach Extraktion – Vermeidungsstrategien per Replantation bzw. Extrusion
    Dr. Sabine Hopmann, Lemförde
  • Zahnersatz-Reparatur – was geht noch und was geht nicht mehr?
    ZTM Maxi Findeiß, Pößnack
  • Ganzheitliche Sichtweise – Mundgesundheits-Probleme und Wege zur Lösung
    Christiane Albinger-Voigt, GZM
  • Zusammenfassung / Abschlußworte
    PD Dr. Ingrid Peroz, Wissenschaftliche Leiterin und Dr. Susanne Fath M.Sc., Präsidentin

Termin: 20. Juni 2015
Ort: Kaiserin-Friedrich-Stiftung, Berlin-Mitte, Robert-Koch-Platz 7
Zeit: 10 – 18 Uhr, im Anschluss: Get-Together

Das 6. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium „Zahnersatz – in vielen Facetten“

Eröffnete das 6. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium unter wissenschaftlicher Leitung von PD Dr. Ingrid Peroz: Dentista-Präsidentin Dr. Susanne Fath

 

Schon bei der Auswahl der Themen und Referenten für das 6. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium (HTS) des Dentista e.V. am 28. Juni in Berlin wurde deutlich: „Zahnersatz“ bringt als Tagungs-Thema eine solche Unmenge an spannenden Einzelaspekten mit sich, dass gut und gern eine ganze Kongresswoche hätte gefüllt werden können. Ganzheitliche Aspekte beispielsweise blieben außen vor und werden möglicherweise beim HTS 2015 aufgegriffen. Das aktuelle Programm hatte andere Schwerpunkte gesetzt: Präprothetik, Werkstoffe und Schnittstellen. Zahnersatz selbst sei eine Schnittstelle, nämlich der Knotenpunkt, wo zahnärztliche und zahntechnische Expertise zusammenkommen und mit den Interessen, Möglichkeiten und Wünschen der Patienten eng verwoben sind, sagte PD Dr. Ingrid Peroz, Wissenschaftliche Leiterin des Symposiums.

Der präprothetisch orientierte Block startete mit ebenso grundlegenden wie aktuellen Zusammenhängen von Zahnersatz und Parodontopathien, Dr. Susanne Fath/Berlin, machte dabei deutlich, dass nicht alles, was schön aussieht, auch medizinisch sinnvoll ist. Beispiel: eine tief unter dem Zahnfleischrand sitzende Krone. Folgen können eine erhöhte Sulkusfluidrate sein, Attachmentverlust und Rezessionen. Leider seien solche Nachteile Ästhetik-bewussten Patienten meist schwer vermittelbar. Ähnlich schwierig zu kommunizieren ist oft auch die Implementierung kieferorthopädischer Expertise, da Patienten Zeit und Geld aufwenden müssen, berichtete OÄ Sylvia Engel/Charité. Dabei sei die Bandbreite dessen, was KFO heute leisten könne, beeindruckend. Als Beispiele nannte sie die Molarenaufrichtung, Pfeilerverteilung, Bisshebung, die Behebung von Kreuzbiss und Problemen mit verlagerten Zähnen bis hin zur Beseitigung parodontaler Erkrankungen durch optimierte Zahnstellung. Dass „Zuhören“ ein wichtiger Faktor bei der Patienteninformation ist, wurde bei der Präsentation von ZTM Alexandr Mirankij/Nürnberg deutlich: Eine bewusst vereinfachte Fotoanalyse visualisiert die Fakten, ein gezielt geführtes Gespräch mit dem Patienten erfühlt dessen Wünsche. Die Kommunikation mit dem Zahnarzt zeigt die medizinischen Möglichkeiten, die zu einem harmonischen Gesamtkonzept führen. Sein Credo: Zu jedem Charakterzug gehört individueller Zahnersatz hinsichtlich Form, Größe und Farbe.

Im Block „Werkstoffe“ entwickelte Dr. Andrea Diehl/Berlin aus Misserfolgs-Beispielen bei Vollkeramiklösungen, die sie in ihrer langjährigen Erfahrung als Gutachterin gesehen hat, Empfehlungen für die Praxis. Per se sei das Material für Bruxismus-Patienten kritisch. Häufig sei die Präparation nicht Keramik-gerecht („Es muss alles rund sein“), zu Fehlern gehöre die falsche Zement-Technik („nicht feucht benetztes Dentin“) und nicht ausreichende Beachtung der Funktion: Bei Problemen mit dem Mundschließermuskel könnten die Zähne ungeführt aufeinanderknallen. Neben die Keramik stellte ZTM Annette von Hajmasy/Köln zum Vergleich den auch bei Prothetik immer wichtiger werdenden Werkstoff Komposit, der manches schlechter und vieles besser könne als Keramik. Beispiel: seine Reparaturfreundlichkeit. Der oft schlechte Ruf des Komposits überrasche und hänge vermutlich mit zu geringem Wissen zusammen. Sie stellte verschiedene Komposite, Füllstoffgehalt und Korngrößen vor und die Unterschiede zwischen Mikrofüller-Kompositen und Hybridkompositen. Komposite seien unterschiedlich wie Äpfel und Birnen. Bei älteren Patienten sei Komposit-Prothetik sinnvoll wegen leichter Reparaturmöglichkeit und bei Bruxern ohnehin das Mittel der Wahl.

Mit einem Blick auf Praxis & Gesellschaft und Daten zum Thema „Gesundheitsausgaben als Kostenfalle“ startete der Block „Schnittstellen“ mit Gerontologe Prof. Dr. Uwe Fachinger/Vechta. Die Gesellschaft altere, Zahnersatz sei ein großes Thema für die ältere Bevölkerung und für Viele mit zunehmendem Alter und abnehmenden wirtschaftlichen Möglichkeit kaum noch finanzierbar. Dass digitale Lösungen diesbezüglich eine gewisse Potenz haben, ließen die beiden anschließenden Vorträge anklingen. Dr. Sabine Kusche/Warburg berichtete aus ihrer eigenen 15-jährigen Erfahrung mit CEREC in einer Einzelpraxis und verwies auf die Chancen (kostengünstig und schnell) und Limitierungen des Verfahrens: „Wenn es ästhetisch hochwertig werden soll, gebe ich das an meinen Zahntechniker.“ Ob das Verfahren für die Praxis wirtschaftlich sei, sei relativ: „Ich mag den Komfort für die Patienten!“ Ihre Bilanz: ein klares Ja bei Inlays und Teilkronen, ein Jein bei Einzelkronen und ein Nein bei Tabletops und Brücken mit mehreren Kronen. Wie sich das Thema „Digitalisierung“ auf Seiten der Zahntechnik darstellt, zeigten ZTM Jacqueline Riebschläger und ZT Nadine Schön/Berlin unter anderem mit einem selbsterstellten Zeichentrick-Video, für das es Zwischenapplaus des Auditoriums gab. Zahnärztin „Frau Zahn“ höre dauernd von CAD/CAM und frage sich, wie sie das alles umsetzen soll – das sei aber genau die Frage, wie sie sich auch die Zahntechniker stellten. Ein Blick hinter die Laborkulissen zeigte den Weg vom Entschluss zur Einführung von CAD/CAM über Hürden und Frustrationen hinweg bis zum erfolgreichen Ziel und der Begeisterung. Tagungsabschließend gab Dr. Astrid Tabellion MSc./Offenburg den Teilnehmern einen vielfältigen Kanon an Tipps für die Patientenberatung mit – für Praxen, die nicht selbst implantieren, aber Patenten auch über Implantate aufklären müssen. Dabei standen die Unterschiede von Prothetik auf Naturzahn und Prothetik auf Implantat im Mittelpunkt wie beispielsweise das jeweils anders strukturierte Gewebe und auch die Biomechanik: Implantatkronen sollten wegen der weniger gut aufgefangenen Druckbelastungen niedriger angelegt werden als die Nachbarzahnkronen.
Diskussionen mit den Referenten gab es nicht nur nach den Vorträgen, sondern auch beim traditionellen Get Together im Foyer der Kaiserin-Friedrich-Stiftung, die, weil sich offenkundig alle dort wohlfühlen, erneut gebucht ist für das 7. HTS: am 20. Juni 2015.

Das 5. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium „Chronisch interdisziplinär“

Chronisch interdisziplinär – Immunsystem und orale Gesundheit

Wie spannend dieses Miteinander von Zahnmedizin, Biologie, Psychologie und der Individualität von Patienten ist, zeigte das Jubiläumssymposium des Dentista Clubs Mitte Juni dieses Jahres, traditionell in der Kaiserin-Friedrich-Stiftung in Berlin: Die Kombination der Themen sei hochspannend, so die Bilanz der Evaluationsbögen. Alles drehte sich diesmal um das Immunsystem – und seine Verbindungen zur oralen Gesundheit. Eine spannende Einführung in die Welt der Immunzellen gab PD Dr. Ingrid Peroz/Charité, wissenschaftliche Leiterin des 5. Hirschfeld-Tiburtius-Symposiums. Sie entwickelte jeweils Verknüpfungen mit den unterschiedlichen Themen des Kongresses. Zu diesen gehörte die Frage, ob es Zusammenhänge zwischen endokrinem System und Parodontitis gibt: Referentin Dr. Fath beantwortete das mit Jein. Einerseits spielten ganz klar Hormone in die Mundgesundheit hinein, andererseits würden sie vorschnell als Verursacher mancher Entwicklung gesehen, hinter der eher Lifestyle-Aspekte stünden. Spannend sei die Gesamtheit aller Facetten bei der Konstellation Adipositas und Parodontitis: Hier sei zwar eine Verbindung über das endokrine System gegeben, weitere Zusammenhänge müssten aber noch fundiert fachübergreifend entschlüsselt werden. Welche Rolle beispielsweise Stress als Faktor für Mundgesundheitsprobleme spielt, blätterte Dr. med. Wolf Nickel/Berlin in einem mitreißenden Vortrag auf: „Geist und Seele und Körper gehören zusammen.“ Es sei bestätigt, dass Stress die Entzündlichkeit durch Störung der Immunregulation und –modulation befördere, wenig bekannt aber: „Zu 90 % bestimmt die Psyche, ob überhaupt Stress im Körper entsteht. Stress ist eine Frage der Einstellung!“ Bei anhaltendem Stress bleibe man in der Entzündlichkeit stecken. Ein passendes Rezept für ein gesünderes Leben aus psycho-neuro-endokrinologischer Sicht gab es für die Symposiums-Teilnehmer auch: „Glücklich sein ist antiinflammatorisch!“

Der Rachen, der Mund und therapeutische Konzepte

Das Hirschfeld-Tiburtius-Symposium des Dentista Clubs unter Präsidentin Dr. Susanne Fath (Bild) hat mittlerweile viele Stamm-Gäste – das immer überraschende und individuelle Programm findet immer mehr begeisterte Fans

Das Hirschfeld-Tiburtius-Symposium des Dentista Clubs unter Präsidentin Dr. Susanne Fath (Bild) hat mittlerweile viele Stamm-Gäste – das immer überraschende und individuelle Programm findet immer mehr begeisterte Fans

Neben Zusammenhängen von Mundatmung, Immunsystem und Tonsillenhypertrophie vermittelte Dr. Annette Wiemann/Berlin eine Übersicht über Folge-Symptome, die von Atmungsbehinderungen, Ohrschädigungen und Sprachentwicklung bis zu Zahnstellungsanomalien im Mund reichten und erklärte die Ursachen der Tonsillen-Wucherung. Sehen-Lernen konnte man über Beispielbilder: „Was ist eine normale Größe – und bis zu welchem Alter?“ Welche Möglichkeiten die moderne Zahnmedizin bei Schlafapnoe hat und welche Folgen sich ergeben können, wenn nicht interveniert wird, zeigte ZÄ Stefanie Rautengarten/Charité.

Wie ganzheitlich man Patienten betrachten müsste, wurde beim Vortrag von Dr. Andrea Diehl/Berlin überdeutlich. Eigentlich hängt alles mit allem zusammen – verbunden durch ein Organ, dass derzeit mehr und mehr als zentral steuernd in den Blickpunkt der medizinischen Wissenschaft gerät: der Darm. Eine Störung der Darmflora werde in die Peripherie übertragen und beeinflusse die Parodontitis – und diese sende die gestörte Situation auch wieder zurück. Eine CMD könne sich aus einer oralen Situation entwickeln – aber auch aus einer gestörten Darmfunktion. Manche Dysfunktion könne nicht austherapiert werden, ehe der Patient nicht auch Verkrampfungen aufgrund von Stress und weiteren Störungen verliere. Auch Allergien seien potentielle Trigger von oralen Belastungen. Dass allergische Störungen oft in zahnärztlichen Materialien gesehen würden, sagte OA Dr. Felix Blankenstein/Charité, höre und lese man vielfältig – allerdings mangele es an anerkannten Belegen sowohl für die allergene Wirkung der Stoffe als auch für deren Austestung. Man müsse zwischen Unverträglichkeit und Allergie unterscheiden. Dass man dennoch versuchen kann, die Belastung des Organismus mit potentiellen Triggern niedrig zu halten, zeigte ZTM Rainer Schultz/Berlin in seinem Beitrag zu möglichen (Wechsel-)Wirkungen von Zahnersatz und Immunsystem. Auch er bedauerte das Halbwissen vieler Meinungsbildner über Reaktionen auf Metalle, stellte aber auch neue Werkstoffe und Verfahren vor, die weitgehend metallfrei und dennoch zuverlässig einsetzbar seien.

Eine wichtige Abschlussfrage beantwortete Sylvia Wuttig: Was ist meine ganze aufwändige Therapie wert? Ihr Fokus lag auf der Abrechnung, die ebenso sorgfältig erfolgen solle wie die Behandlung selbst. Ihr dringender Appell mit Blick auf das neue Patientenrechtegesetz: „Tragen Sie alle Gespräche mit dem Patienten in die Karteikarte ein. Was da nicht steht, ist im Falle eines Gerichtstermins auch nicht erbracht.“ Man könne das 5. Hirschfeld Tiburtius Symposium auch als spannende Grundlagenveranstaltung für das bevorstehende 6. Symposium zu Prothetik aus ganzheitlicher Sicht sehen, meinte eine Teilnehmerin zum Schluss – und trug sich sogleich für den 28. Juni 2014 in die Anmeldeliste ein.

Das 4. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium Einfluss der Ernährung auf das stomatognathe System

Um dieses Thema ging es beim 4. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium des Dentista Clubs am 2. Juni 2012 in Berlin. Unter wissenschaftlicher Leitung von PD Dr. Ingrid Peroz/Charité wurden systemische Zusammenhänge, lokale Zusammenhänge und auch Gender-Aspekte rund um die Ernährung und das stomatognathe System vorgestellt. Spannende Grundlagen lieferte dabei Ernährungswissenschaftlerin Dr. Henrike Staudte/Donndorf, die mit dem Fachbereich Zahnheilkunde der Universität Jena zusammenarbeitet, Einflüsse von (Fehl-)Ernährung auf Immunsystem und Knochen erforscht und hierbei nicht zuletzt auch die Parodontitis im Blick hat. Sie stellte die Zusammenhänge Ernährung & Immunsystem dar und die Konsequenzen insbesondere auf die Infektanfälligkeit. Bei Mangelernährung oder zu fettreicher Ernährung verändere sich die Leistungsfähigkeit der Immunabwehr, gezeigt habe sich zudem, dass Parodontitis bei Adipösen deutlich öfter vertreten war als bei Normalgewichtigen, überrascht habe aber vor allem, dass Parodontitis-Patienten verschiedene Nährstoffe teilweise hochsignifikant schlechter aufgenommen hatten als gesunde Vergleichspatienten. Es habe sich gezeigt, dass selbst dann, wenn PA-Patienten mehr als die Normaldosis Vitamin C erhielten, sich dieses im Plasmaspiegel deutlich niedriger widerspiegelte als bei gesunden Patienten. Offenkundig, so Dr. Staudte, baue der Körper bei Parodontitis erheblich mehr Vitamin C ab, was zu einer Schwächung der Infektionsabwehr auch im Mund führe: „Eine schlechte Vitamin-C-Versorgung erhöht das Parodontitis-Risiko!“ Ebenfalls deutlich schlechter aufgenommen wurden zudem Magnesium, Folsäure und andere immunrelevanten Nährstoffe. Bei der Parodontitis-Diagnose sollten daher Fragen zur Ernährung gestellt, Zusammenhänge zwischen Ernährung und Parodontitis aufgezeigt und hilfreiche Einflüsse der Ernährung auf die parodontale Genesung vermittelt werden.

Gut besuchter Kongress, interessante Themen und viel Lob für Organisation und Programm: Dentista Club-Präsidentin Dr. Susanne Fath konnte nach dem Hirschfeld-Tiburtius-Symposium eine sehr erfreuliche Bilanz ziehen

Gut besuchter Kongress, interessante Themen und viel Lob für Organisation und Programm: Dentista Club-Präsidentin Dr. Susanne Fath konnte nach dem Hirschfeld-Tiburtius-Symposium eine sehr erfreuliche Bilanz ziehen

Relevant ist die Ernährung bereits in der Entwicklungsphase des oralen Systems, sagte PD Dr. Dr. Christiane Gleissner/Mainz. Verschiedene Studien zeigten Effekte von Nährstoffmangel auf die Zahnentwicklung: Vitamin-A-Mangel beispielsweise wird in Verbindung gebracht mit einer verminderten Epithelentwicklung, Vitamin-C-Mangel mit Veränderungen der Pulpa und Dentinbildungsstörungen, Eisenmangel mit Speicheldrüsenunterfunktionen; Proteinmangel / hypokalorische Ernährung kann im Zusammenhang stehen mit Mikrodontie und Dentitio tarda. Die ausreichende Versorgung mit Vitamin D spiele nicht nur in der kindlichen Zahn- und Mundgesundheitsentwicklung eine Rolle, sondern auch bei den Älteren in der Bevölkerung: Eine Studie habe gezeigt, dass fast 70 % der im Durchschnitt 82jährign Studienteilnehmer einen schweren Calciummangel aufwiesen: „Die Ernährung beeinflusst die Funktion des Immunsystems.“ Das Thema Ernährung müsse daher eine neue Rolle in der zahnärztlichen Prävention spielen, nicht zuletzt mit dem Blick auf die Nahrungsaufnahme: Zahnstatus, prothetische Versorgung und natürliche Nährstoffe hingen zusammen und sollten auch dem Patienten vermittelt werden. Gleissner: „Die Zahn- und Mundgesundheit hat über Kauvermögen, Speichelfunktion, Geschmacksempfinden Auswirkungen auf die Ernährung – und diese wiederum sowohl systemisch als auch lokal auf die Zahn- und Mundgesundheit!“ Ihre Einschätzung: „Das Thema Ernährung ist klar im Aufwind!“

Zum speziellen Aspekt Mundtrockenheit hatte Prof. Dr. Andrea Schmidt-Westhausen/Charité den aktuellen Stand der Literatur zusammengefasst und für die Praxis übersetzt. Xerostomie habe nicht nur als Folge von Medikamenten, sondern auch als begleitender Faktor einer Fehl- und Mangelernährung eine hohe Prävalenz insbesondere bei alten Menschen, diese favorisierten bei Mundtrockenheit Breinahrung statt trockenes Brot mit allen weiteren Konsequenzen. Auch in der Menopause käme Xerostomie deutlich verstärkt vor, was das Risiko nicht zuletzt für Karies und Parodonthopathien erhöhe.

Wie ein Praxiskonzept rund um ernährungsmedizinische Aspekte aussehen kann, schilderte Dr. Andrea Diehl/Berlin. Patienten käme es entgegen, selbst etwas zur Steuerung der Gesundung beitragen zu können. Zwar sei es wichtig, möglichst leicht verständliche Ursache-Wirkung-Bezüge zu vermitteln – hüten müsse man sich aber vor hundertprozentiger Voraussagbarkeit von Effekten. Dies sei schon deshalb nicht möglich, weil es sich um eine Triade handele, die die Mundgesundheit beeinflusse: Der Zustand des oralen Systems beruhe auf einer Balance zwischen Struktur, mentalem und emotionalem Sein sowie Ernährung und Verdauung. Der Berufsstand müsse seine Augen weiter öffnen als bisher, insbesondere die verbreitete Spezialisierung schränke oft den Blick aufs Ganze ein. Beispiel: „Manchmal ist unser Patient enorm unter Stress –die Magensäure geht nach oben und führt zu Defekten.“ Dann müsse man an anderer Stelle ansetzen als im Mund. Zu beachten sei auch die Bedeutung des Stresses, dieser störe die gesunde Darmfunktion: „Arbeitet der Darm nicht richtig, ist der Stoffwechsel gestört und Entzündungen, auch im Mund, können persistieren.“

Unter dem Stichwort „Gender Nutrition“ beleuchtete Dr. Tim Nolting MSc./Freudenberg die ernährungsbedingten Einflüsse. Es sei zwar vielfach beschrieben, dass sich das Ernährungsverhalten von Männern und Frauen unterscheide – dies trage derzeit noch nicht zum Erkenntnisgewinn bei, warum Frauen trotz an sich gesünderer Ernährung mehr Karies zeigten als Männer, während diese mehr zu schwerer Parodontitis neigten. Möglicherweise spiele der hohe Anteil an Kohlenhydraten in der Ernährung bei Frauen eine Rolle und der hohe Fleischgehalt in der Ernährung der Männer. Hier zeige sich eine spannende Aufgabe für die Forschung.

Die lokalen Zusammenhänge Ernährung und Mundgesundheit beschrieb Dr. Susanne Fath/Berlin. Dabei standen weniger frühkindliche Zahnschäden bzw. Karies allgemein im Blickpunkt, sondern – angelehnt an das Kongress-Thema „Grundstimmung sauer“ – die Erosionen. Beachten müsse man, dass auch Abrasionsschäden oft im Zusammenhang stünden mit Erosionsdefekten. Sie informierte über Möglichkeiten der Prävention – mit Hinweis auf besonders riskante Lebensmittel – und die richtige Mundhygiene bei erosiven Schäden und plädierte für eine intensive Nachsorge. Praktische Hinweise, wie erosiv geschädigte Zahnhartsubstanz mit Komposit (ZÄ Anne Bandel/Berlin) bzw. mit Keramik (Dr. Guido Sterzenbach/Charité) wieder aufgebaut werden kann, setzten die praxisnahen Abschlusspunkte unter das sehr gut besuchte Symposium. Zusammenfassend hielt PD Dr. Peroz fest, dass weitere interdisziplinäre Studien erforderlich sind. Ihr Blick auf den Berufsstand: „Der Zahnarzt als Gesundheitsberater bekommt eine immer wichtigere Funktion – was bedingt, dass er sich auch über sein Fach hinaus, in diesem Sinne: ganzheitlich informieren muss.“

Das 3. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium „Zahnmedizin & Medizin: Nahtstellen im Fokus“

Ein spannendes und anspruchsvolles Thema sind die Nahtstellen von Zahnmedizin und Medizin – präsentiert u.a. von (von links) PD Dr. Dr. Christiane Gleisser und Dr. Susanne Fath/Dentista-Präsidium und Dr. Dietmar Oesterreich, BZÄK-Vizepräsident


Ein spannendes und anspruchsvolles Thema sind die Nahtstellen von Zahnmedizin und Medizin – präsentiert u.a. von (von links) PD Dr. Dr. Christiane Gleisser und Dr. Susanne Fath/Dentista-Präsidium und Dr. Dietmar Oesterreich, BZÄK-Vizepräsident

Anerkennung der Zahnmedizin wächst

Mit sich bringt diese Entwicklung allerdings auch einen deutlichen Anstieg der öffentlichen Anerkennung der Mundgesundheit als bedeutendem Co-Faktor für die Allgemeingesundheit, so Dr. Oesterreich: Die kontinuierliche Überzeugungsarbeit von zahnärztlicher Wissenschaft und nicht zuletzt institutionell seitens der Bundeszahnärztekammer habe in vielen ärztlichen und anderen Gesundheitsorganisationen für Aufmerksamkeit gesorgt und inzwischen zu Zusammenarbeit auf Augenhöhe geführt. Deutlich werde weiterer Forschungsbedarf zu Kausalitäten. Die von ihm vorgestellten Beispiele reichten von medizinischen Themen wie Diabetes über verhaltensbedingte wie Rauchen bis hin zu präventiven wie Ernährung und demografischen wie gesund Altern. Die Betonung medizinischer Aspekte in der Zahnmedizin untermauere die Rolle und Bedeutung des Faches: „Zahnmedizin ist ein wichtiger Teil der medizinische Grundversorgung!“ Dr. Oestereich begrüßte die Initiative des Dentista Club, die Thematik mit einem eigenen Symposium zu würdigen.

Gynäkologie & CMD

In ihrer Einführung sagte Club-Präsidentin Dr. Susanne Fath, es sei beeindruckend, auf wie vielen Gebieten mittlerweile Zahnmedizin und Medizin bereits gemeinsame Wege gingen – das Symposium präsentiere sowohl bekannte als auch weitgehend neue Aspekte zur Thematik. Dr. Andrea Diehl/Berlin, Dentista-Vorstandsmitglied, beispielsweise zeichnete spannende ganzheitliche Verbindungen zwischen Gynäkologie und CMD auf mit besonderem Blick auf die steigende Anzahl von Kaiserschnitten. Bestimmte Bereiche des Gehirns, die mit CMD in Verbindung gebracht werden, stünden in Beziehung zu Arealen, die ihrerseits mit dem Sacrum verbunden seien. Hier erweise sich die Dura mater als Verbindungsbrücke.
Im Sponsorenvortrag stellte ZTM Andreas Menge von Henry Schein ergänzend und passend zum Thema neue CMD-Diagnostikverfahren vor, die den klassischen Gesichtsbogen ersetzen und durch digitale Erfassung eine genauere und fehlerminimiertere Einartikulierung des Unterkiefers ermöglichten.

Neuroendokrines System an Parodontitisentstehung beteiligt

Auch ein noch eher junges Gebiet sei der Komplex „Hormone und Mundgesundheit“, dem sich Dentista Vizepräsidentin PD Dr. Dr. Christiane Gleissner/Mainz, zugleich Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für geschlechterspezifische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde/DGGZ widmete. Der Hypothalamus stehe als „Schaltzentrale“ des Körpers in enger Abstimmung mit der Hypophyse, die lebenswichtige Reaktionen im Körper beeinflusse. Eine Übersicht zeigte derzeit bekannte endokrine Störungen mit oralen Manifestationen, als ein Beispiel von vielen eine Dentitio praecox, die ein Hinweis sein könne auf eine Schilddrüsenüberfunktion. Nicht zuletzt sei das Immunsystem hormonell mitgesteuert und von besonderer Relevanz für die Parodontitispathogenese. Umgekehrt müssten Gynäkologen und Endokrinologen solche Zusammenhänge ebenfalls kennen, um individuell passende Kontrazeptiva bzw. Hormonsubstitute zu verschreiben.

Immer den ganzen Patienten sehen

Nicht nur, aber insbesondere bei Praxen mit dem Angebot invasiver Verfahren wie der Implantologie sei die gesundheitliche Entwicklung des Patienten noch intensiver als heute zu beachten, legte Dr. Dr. Anette Strunz/Berlin den Tagungsteilnehmern ans Herz: „Aktualisieren Sie gerade bei Stammpatienten immer mal wieder den Anamnesebogen und lassen Sie ihn unterschreiben!“ Ihr Tipp:. „Fragen Sie einfach: Hat sich in letzter Zeit etwas verändert, haben Sie jetzt Diabetes oder eine Tumor-Erkrankung?“ Oft liefere ein DVT eine zusätzliche Absicherung von Patient und Zahnarzt gleichermaßen. Anhand von 3D-Folien zeigte sie körperliche Veränderungen, die den Patienten nicht bewusst, für die geplante Behandlung aber von großem Einfluss waren.
Den „ganzen Patienten sehen“ müsse man auch beim Würgereiz, machte Prof. Dr. Stephan Eitner/Erlangen in seinem entsprechenden Beitrag deutlich. Im Bereich der Psyche hingen Angst und Würgen zusammen, beides habe den gleichen Wortstamm „Enge“. Somatisch bedingt sei Würgen nur in speziellen Fällen wie bei einer Sinusitis, an sich sei es eher Folge einer Belastung der Seele. Unbedingt zu vermeiden sei bei solchen Patienten der Einsatz von Hypnose: „Sie machen vielleicht ein Scheunentor ins Unterbewusste auf, das Sie nicht mehr zu bekommen.“

Wechselspiele: beidseitig betrachtenswert

Ein eher bekanntes, wenn auch noch nicht immer verstandenes „Wechselspiel“ Zahnmedizin/Medizin ist Diabetes und Parodontitis. In ihrem Beitrag leuchtete Dr. Fath sowohl den Einfluss von Diabetes auf Parodontitis an wie auch den umgekehrten Fall. Diabetiker litten Studien zufolge mehr unter Parodontitis und auch in tendenziell höherer Ausprägung. Eine effektive PA-Therapie könne andererseits bei Typ-2-Diabetikern den Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen. Die Ärzte seien aufgerufen, ihre Patienten mehr auf das Thema Mundgesundheit anzusprechen.
Implantate und CMD
Funktionsstörungen können, so PD Dr. Ingrid Peroz/Charité und wissenschaftliche Leiterin des Symposiums, sehr verschiedene Ursachen haben, angefangen von somatischen wie Traumata bis zu psychischen wie Ängste und Stress. In bestimmten Fällen könnten Implantate bei Funktionsstörungen Hilfestellung geben: „Die verkürzte Zahnreihe, die zu Problemen im Kiefergelenk führt, ist aus funktioneller Sicht Hauptaufgabe einer Implantatlösung.“ Es gebe auch Zahnersatz-induzierten Bruxismus, der durch eine Implantatversorgung verbessert werden könne.

„Therapiemixtur“ bei Mundschleimhauterkrankungen

Die „Nahtstelle“ Mundschleimhaut hatte Dr. Veronika Hannak/Berlin zum Schwerpunkt ihres Beitrages gemacht. Von Landkartenzunge über Candidiasis bis zu Herpes simplex beleuchtete sie eine Reihe in der Praxis verbreiteter Mundschleimhauterkrankungen und gab praxisnahe Therapieempfehlungen, darunter einen alltagserprobten Tipp bei Herpes: „Einen mit Alkohol, es geht notfalls auch schon mal Wodka, getränkten Wattebausch – auch wenns brennt – fest auf die Stelle drücken: Das reduziert das Einwandern von Viren in das umliegende Gewebe!“ Ihr Credo, das sie allen Tagungsteilnehmern ans Herz legte: „Bei einer 01 sollte man immer auch die Mundschleimhaut checken!“
Für Programm, Referenten und Organisation gab es im Kongress-Fragebogen sehr gute Bewertungen – und weitgehend nur eine Kritik, die ihrerseits eher ein Bedauern war: „Hier hätten noch viel mehr Kolleginnen und Kollegen sitzen müssen!“

Das 2. Hirscheld-Tiburtius-Symposium: „Gender Dentistry“

Gleissner „Die Frage des biologischen Geschlechts muss der Berufsstand neben die des Alters und des Bildungslevels in epidemiologische Erhebungen mit aufnehmen.“

Der Dentista Club, Veranstalter dieses jährlichen Symposiums, hatte bereits beim Motto der Veranstaltung „Gender Dentistry“ bewusst auf ein Fragezeichen verzichtet – zu eindrucksvoll waren die bereits im Vorfeld bekannten vielschichtigen Aspekte, die bei der Tagung noch um weitere ergänzt wurden. Die bereits seit zwei Jahren aktive Arbeitsgruppe unter dem Dach des Verbandes, die sich mit „Sexus & Gender“-Fragen in der Zahnheilkunde beschäftigt hatte, hat am Vorabend des Symposiums die Arbeitsebene und auch den Namen gewechselt und einen selbständigen Auftritt beschlossen: Als „Deutsche Gesellschaft für geschlechterbezogene Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“ (DGGZ) wird sich die Fachgesellschaft, die ihre Thematik als Querschnitts-Fach versteht, im Frühsommer mit einem unabhängigen Portal der Fachöffentlichkeit vorstellen. Hier werden die Ergebnisse des 2. Hirschfeld-Tiburtius-Symposiums den fachlichen Startschuss in verschiedenen Disziplinen abgeben.

Die Vielfalt der Erkenntnisse, die in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde mittlerweile zu geschlechterbezogenen Unterschieden in der Mundgesundheit vorliegen, macht deutlich, dass der Berufsstand die Frage des biologischen Geschlechts neben die beispielsweise des Alters und des Bildungslevels in epidemiologische Erhebungen mit aufnehmen muss, sagte PD Dr. Dr. Christiane Gleissner, Universität Mainz und wissenschaftliche Leiterin der Tagung, in ihrem breit angelegten Einführungsvortrag. Im Zentrum der derzeitigen Forschungsaktivitäten stehe zunächst die systematische Erfassung bereits vorhandenen Wissens, um noch zielgenauer der Entstehung von Krankheiten im oralen System vorbeugen zu können.
Um der Bandbreite der Thematik Rechnung zu tragen, war das Programm der Tagung, das von Dentista-Präsidentin Dr. Susanne Fath geleitet und moderiert wurde, in drei Blöcke geteilt: „Wir wollen Ihnen mit den Bereichen lsquo;Wissenschaft – Praxis – Psychologie’ eine vielschichtige Übersicht über das aktuelle Wissen zur geschlechterbezogenen Zahnheilkunde vorstellen – von den Grundlagen der Medizin bis zur praktischen Berufsausübung.“

Block Wissenschaft

Anhand der DMS IV-Daten schilderte Dr. Sebastian Ziller/BZÄK auffällige geschlechterbezogene Unterschiede und betont, dass man den Ursachen für eine höhere Kariesprävalenz bei Mädchen (ab 15 Jahre) und Frauen aller Altersklassen im Vergleich zu gleichaltrigen Jungen/Männern trotz besserer Mundhygiene, regelmäßigeren zahnärztlichen Kontrollbesuchen und einem besseren Versorgungsgrad gezielter nachgehen muss. Ohnehin habe sich die Bewertung von Geschlechterunterschieden in der Medizin von “vornehmer Ignoranz“ zu einer ernstzunehmenden Fragestellung gewandelt. Die SHIP-Studie war Grundlage für die Datenübersicht seitens ZÄ Daniele Gätke/Universität Greifswald mit Blick auf die Parodontologie: Interessant sei, dass Frauen in der Region Vorpommern parodontal gesünder seien und dennoch über weniger Zähne verfügten. Hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der systemischen Wirkung sei noch viel Forschung nötig. Auch hinsichtlich der CMD wurden die SHIP-Daten genutzt im Beitrag von PD Dr. Olaf Bernhardt/Universität Greifswald: Während bei Männern, so das Ergebnis, neben chronischen Allgemeinerkrankungen wie Gicht und Arthrose auch okklusale Faktoren (Stützzonenverlust) einen signifikanten Zusammenhang mit CMD zeigten, waren bei Frauen die Angabe einer allgemeinen Arthose und die Einnahme von Hormonpräparaten Risikofaktoren für CMD. Signifikant zeigten sich die geschlechterbezogenen Unterschiede auch bei Mundschleimhauterkrankungen: OÄ Dr. Christiane Nobel/Charité zeigte, dass die proliferierende verruköse Leukoplakie zu 80% Frauen betrifft und viele Autoimmunerkrankungen bei Frauen häufiger auftreten, so der orale Lichen planus doppelt so oft wie bei Männern, Lupus erythematodes sogar neun mal häufiger. Sie bedauerte „die dürre Datenlage“.

Block Praxis

Mit Blick auf Daten des IDZ zeichnete Dr. David Klingenberger verschiedene geshlechterbezogene Unterschiede in der Praxisführung auf, die Daten belegten u.a., dass Zahnärztinnen offenbar bestandswahrender und mit ihrer Situation zufriedener seien als ihre expansionsinteressierten, aber auch finanzielle Risiken eingehenden männlichen Kollegen. Die Conclusio aus vielen verschiedenen Daten zeige, dass die Zahnarztstunde bei Männern teurer sei als bei Frauen. Letztere hätten, so Medizinrechtlerin Dr. Frauke Müller/Stuttgart mit Blick auf die Erfahrungen ihrer Kanzlei, zwar weniger Probleme mit Behandlungsfehlerklagen, dafür mehr mit dem Problem, schlecht NEIN sagen zu können und Behandlungen gegebenenfalls rechtzeitig abzubrechen. Spannend war auch eine aktuelle Studie zum Thema „Genderforschung in der universitären Lehre“: Die bisher über Studentenbefragung laufende Evaluation von Lehre zeige, so PD Dr. Margrit-Ann Geibel/Universität Ulm, dass die Bewertung nach bekannten lsquo;Klischees’ und unabhängig von der tatsächlichen Qualität des Inhalts erfolge: Attraktive Dozenten hatten die besten Bewertungen erhalten – im Gegensatz zu attraktiven Frauen, deren Aussehen mit wenig Fachkompetenz verbunden wurde. Hinsichtlich der Praxiseinrichtung unterschieden sich Zahnärztinnen und Zahnärzte oft in der „Wärme“ einer Gestaltung, sagte Gast-Referent Giorgio Nocera/Henry Schein in einem der beiden Sponsoren-Vorträge: Männer mögen es gerne stylish, was manchen Frauen als lsquo;kalt’ erscheint, er empfahl umgekehrt den Zahnärztinnen: „Machen Sie es den Männern nicht zu warm in den Farben!“ Im zweiten Sponsorenvortrag berichtete Thomas Schröder/dentaltrade, dass – anders als durch IDZ-Daten zum Praxisumsatz zuerst erwartet, die interne Datenerhebung einen leicht größeren Kundenkreis auf Seiten der Zahnärzte statt der Zahnärztinnen ergab.

Block Philosophie

Die Frage, ob Zahnärztinnen der Zahnärzte empathischer seien, ist oft auch Gegenstand von Karikaturen – dass man der Frage auch wissenschaftlich begegnen kann, zeigte Dentista-Präsidentin Dr. Susanne Fath aus neurowissenschaftlicher Sicht. Es gebe in der Tat signifikante Unterschiede – allerdings nur in der Art der Empathie, nicht in der quantitativen Gewichtung. Die Unterschiede seien auch im Gegenüber mit dem Patienten relevant – das Erkennen der Emotionen des anderes Geschlechtes sei oft schwer. Passgenau berichtete Praxis-Coach Hans-Dieter Klein über „Wege aus der Empathie-Fall“ und beschrieb die Risiken des „Eigenfilters“, also der eigenen Sicht auf Qualitätslevel beispielsweise, die man unbwusst Patienten überstülpe: Wer eher niedrigschwellige Angebote mache, dürfe nicht erwarten, dass Patienten von sich aus nach kostspieligeren Lösungen fragen. Zu einem für die zahnärztliche Prävention hilfreichen Highlight wurde der Abschlussvortrag von Dipl. Psychologe Thomas Altgeld, u.a. Autor des Buches „Männergesundheit“. In der Kommunikation seien zahlenorientierte Problem-Lösungen und auch Anglizismen sinnvoll, anstelle textlastiger Ratgeberbroschüren lieber Informationen im Praxis-TV oder an einem Wartezimmer-PC. Wichtig sei auch, dass die Autorität Arzt mit dem Mann rede und nicht „ein Mädchen aus dem Personalbereich“.

Summery

In der abschließenden Diskussion sagte Dr. phil. Bärbel Miemietz, Mitinitiatorin des Kompetenzzentrums für geschlechtersensible Medizin an der Medizinischen Hochschule Hannover, sie sei enorm beeindruckt von dem in der Zahnmedizin bereits entwickelten Wissen und Denken in dieser Thematik, die auch in die neue Approbationsordnung für Zahnärzte aufgenommen werden soll. Dr. Gleissner untermauerte dies: Notwendig sei, das habe bereits dieses Symposium mit seinen vielfältigen Facetten gezeigt, die Aufnahme des Querschnittsthemas „Geschlechterforschung“ in die Lehre, dabei sei unabdingbar der Fokus auf beide Geschlechter zu legen. Der Dentista Club, mehrfach als Trendsetter in der Zahnmedizin bezeichnet, wurde dazu angeregt, die Thematik voranzutreiben und mit der Medizin zu vernetzen. Erste Erfolge sind bereits zu verbuchen: Die zahnmedizinischen Erkenntnisse im Bereich der Geschlechterforschung konnten seitens des Zahnärztinnenverbandes auch in renommierte medizinische Kongresse eingebracht werden, so bei der im September 2010 stattfindenden Tagung „Medizin und Geschlecht: Perspektiven für Lehre, Praxis und Forschung / Gender and sex in medical education, practice and research“ an der MMH und bei der Summerschool 2010 des Institute for Gender in Medicine (GiM) Charité – Universitätsmedizin Berlin.