Adipöse Patienten
Was ist in der Praxis zu beachten?
Aufgrund weiterer Recherchen verzögert sich der Überblick über die Behandlungseinheiten und ergänzende Informationen noch – bitte schauen Sie nach den Feiertagen und dem Jahreswechsel, voraussichtlich ab Mitte Januar, noch einmal hier vorbei.
Will ich’s männlich, will ich’s weiblich?
Geschlechter-Stereotype im Praxis-Marketing
Der Begriff Gender-Marketing hat sich in den letzten Jahren seine feste Position in Puncto Wahrnehmung und Beachtung gesichert. Dabei beschreibt er die zielgruppenspezifische Marketingausrichtung nach Geschlecht und bietet reichlich Potenzial sowie Dimension unter seiner Hülle von gerade einmal sechs Buchstaben. Doch was bedeutet der Blick durch die Gender-Brille für das Praxis-Marketing? Und muss ich diese Brille überhaupt aufsetzen?
Beim Konsum von Kleidung, Kosmetik, der Wahrnehmung von Dienstleistungen oder aber auch beim scheinbar harmlosen Besuch im Supermarkt begegnet er uns allgegenwertig: der Gender-Blick von Produkt- und Dienstleistungsadressaten und ihren entsprechend lancierten Marketingmaßnahmen. Denn fest steht: Frauen und Männer haben unterschiedliche Kommunikationsbedürfnisse und weisen starke Unterschiede im Kommunikationsverhalten auf. Eine Werbebotschaft, die von einer Frau wahrgenommen wird, muss einem Mann noch lange nicht auffallen – und umgekehrt. Dabei werden die Empfänger-Antennen bewusst stimuliert, sei es durch Farbe, Form, Haptik, Geruch oder Textsprache.
Wir alle begegnen diesen Gender-Marketing-Maßnahmen tagtäglich, ohne diese bewusst wahrzunehmen. Doch die Frage nach der bewussten Wahrnehmung sollte gezielt gestellt werden, wenn es um das eigene Marketing geht – denn auch beim Praxismarketing haben zielgruppenspezifische Botschaften längst Einzug gehalten.
Mein Marketing, ein Gender-Marketing?
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass dem Thema Gender-Marketing keine allübergreifende Position zugesprochen werden muss, dass man die zielgruppenrelevante Wirkung beim Empfänger aber durchaus in seine Überlegungen einbeziehen sollte. Das Gender-Marketing ist als ein Teil des ganzheitlichen Marketings zu betrachten und kann – richtig eingesetzt – günstige Wirkungen erzielen. Stellt man sich folglich den Herausforderungen von Ist-Analyse und Bedarfs-Analyse, um sein Praxis-Marketing bestmöglich aufzustellen, liegt es nahe, auch die Wirkung der angedachten Maßnahmen auf den Patienten abzuschätzen. Fokussiere ich eine weibliche Patientengruppe oder habe ich vorrangig männliche Patienten? Möchte ich all meine Leistungsschwerpunkte hervorheben oder nur gezielte? Und wenn ja, wie ist die Gewichtung von Mann und Frau im Leistungsabsatz? Spannende Fragen, die richtig gestellt noch einmal einen ganz neuen Blick auf Ihre Patientenkommunikation eröffnen.
Lege ich beispielsweise meinen Fokus auf Prophylaxe-Leistungen, ist hier meist ein etwas höherer Anteil von Patientinnen festzustellen. Weil Vorsorge ein eher weiblich-besetztes Thema ist, was uns die Analysen der Krankenkassen immer wieder aufzeigen, und weil die „Wellness-Aspekte“, die beispielsweise mit PZR und Bleaching einhergehen, tendenziell eher Frauen-affin sind. Folglich gilt es, diese Zielgruppe mit den entsprechenden Marketingmaßnahmen zu treffen, was nicht heißt, dass alles blumig, rosa und bunt daher kommen muss. Vielmehr geht es um eine weibliche Ansprache nicht nur in der Optik, sondern auch im Layout, dem Medium und den Stil der Texte. Wünschen Sie sich beispielsweise in diesem Bereich mehr männliche Patienten, könnte eine der Überlegungen sein, hier einen zweiten Praxis-Flyer zu erstellen, der speziell auf die Bedürfnisse der Herren abzielt in Form, Farbe, Schrift und Wording – die uns allen bekannten Marken-Größen machen es schließlich nicht anders.
Diese Szenarien lassen sich in anderen Disziplinen ähnlich durchdenken, egal ob es um Kieferorthopädie, Endodontie oder Implantologie geht. In welcher Form möchte eine Frau über Leistungen und Eingriffe informiert werden – fachlich, sachlich, oder emotional? Und welcher Ansprache bedarf der gleiche Leistungskatalog bei den männlichen Patienten? Ist der dunkelblaue Farbton beim Endodontie-Flyer für Leserrinnen nicht etwas zu erdrückend und die Bildsprache zu klinisch? Oder sind die Hinweise zur Praxisphilosophie auf der PZR-Broschüre für Männer nicht eher zweitrangig und uninteressant? Kleine Denkanstöße, die Großes bewirken können und die das Praxis-Marketing noch effizienter werden lassen.
Mein Marketing, (auch) ein Gender-Marketing!
Um die Zielgruppe mit dem eigenen Marketing noch effizienter zu erreichen, kann es folglich helfen, bei Ist- und Soll-Analyse auch die Gender-Brille aufzusetzen. Nicht jeder Marketing-Flyer, jede Visitenkarte und jedes Praxis-Booklet müssen in zweierlei Versionen vorliegen. Dennoch sollten Sie bei jedem Entwicklungsprozess Ihrer Marketing-Materialien kritisch hinterfragen, ob die Zielgruppe auch hinsichtlich Männlein und Weiblein ideal erreicht wird.
Ein optisch ansprechender Anamnesebogen in schönem Layout, Ihrer Corporate Identity und farbiger Rückseite – alles nur Spielerei und kostspieliger Schnick-Schnack? Ihre Patientinnen werden dies zu schätzen wissen, Ihr Gespür für Ästhetik erkennen, dies auch mit der Behandlungsqualität assoziieren und vor allem: wertschätzen, das Sie sich für Ihre Patienten Zeit nehmen. Denn das beginnt schon beim eigenen Anamnesebogen, der den emotionslosen Vordruck aus dem Praxis-EDV- System ganz klar ins Abseits rückt.
Gender-Marketing – ein unterschätzter Begriff, der gerade im Bereich der Geschäftsausstattung und Werbemittel sehr viel Potenzial hat, um Ihr ganzheitliches Praxis-Marketing noch überzeugender werden zu lassen. Denn wir alle werden in nahezu allen Bereichen unseres Lebens durch die Gender-Brille adressiert – tun Sie dies auch umgekehrt und setzen Sie Ihre Botschaften gezielt.
Kontakt:
Nadja Alin Jung
Dipl. Betriebswirtin
m2c | medical concepts & consulting
Tel.: 069.460 937 20
E-Mail: info@m-2c.de
www.m-2c.de
Die Zahntechniker-Innung als berufspolitische Instanz?!
Welche Akzeptanz hat die Zahntechniker-Innung als standespolitischer Vertreter und was müsste sich eventuell ändern?
Das kommt darauf an, von welcher Personengruppe Sie sprechen. Bei Krankenkassen, Politik, Zahnärztekammern und den Kassenzahnärztliche Vereinigungen haben die Innungen eine große Akzeptanz als standespolitische Vertretung der Zahntechniker. Beispielsweise werden die Landesinnungen und der VDZI (Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen) im Sozialgesetzbuch ausdrücklich als Verhandlungspartner der Kassenverbände bei Preisverhandlungen für BEL-Leistungen genannt. Unter den Zahntechnikern selbst ist die Akzeptanz leider deutlich geringer. Es gelingt uns nicht, die Wichtigkeit einer berufspolitischen Vertretung überzeugend zu vermitteln. Die Kommunikation dessen, was von uns erreicht wird, ist unzulänglich und es wird kaum wahrgenommen, das wir in vielerlei Hinsicht durchaus sehr leistungsfähige Unternehmerverbände sind. Es gibt viele Gründe für die oft fehlende Akzeptanz.
Beschränken wir uns auf drei!
1. „Die berufspolitische Vertretung glänzt durch eine mangelhafte Effektivität.“
Die Zahntechnik hat in den vergangenen Jahren erhebliche Einschnitte erleben müssen. Frustrationen und Existenzängste führen zu einer hohen Erwartungshaltung gegenüber den Berufsvertretungen, die auf die Marktverhältnisse Einfluss nehmen mögen. Das ist verständlich und es ist unsere dringlichste Aufgabe, die gewerblichen Interessen unserer Mitglieder zu fördern. Doch es gibt nun einmal nur einen „Topf“ an Einnahmen und Geldern, die für Leistungen im Bereich der Gesundheit zur Verfügung stehen. Alle – von Krankenhäusern über Physiotherapeuten bis zu den Ärzten – wollen einen Anteil davon haben. Zudem wird mit dem demografischen Wandel der Bedarf an kostenintensiven Maßnahmen größer und die Einzahler in das System weniger. Das alles erschwert die Bedingungen für die berufspolitische Arbeit. Neben uns schwimmen große Fische im „Haifischbecken Gesundheitswesen“. Da sind die Zahntechniker eine verhältnismäßig kleine Berufsgruppe und die abnehmende Zahl an Innungsmitgliedern schwächt die Möglichkeiten unserer Lobbyarbeit ungemein. Allein die Bundeszahnärztekammer hat laut Angabe des Jahresberichtes 2014/15 ein Beitragsaufkommen von 6.861.432,00 Euro. Der VDZI kann für gleichen Zeitraum nicht einmal 20% davon aufweisen. Mit diesem Haushaltsvolumen werden unendlich viele Aufgaben wahrgenommen, von denen der einzelne Zahntechniker nichts sieht. Auf europäischer Ebene wird der Kontakt zu den Zahntechniker-Verbänden anderer Länder gehalten. Es soll verhindert werden, dass es von da aus Initiativen in die europäische Politik gibt, die dem deutschen Zahntechniker-Handwerk schaden. Hier nenne ich exemplarisch die Anerkennung der Ausbildung.
Europäische Gesetzgebungsverfahren werden begleitet oder beobachtet, um bei der Harmonisierung von Standards Einfluss nehmen zu können. Das Sachverständigenwesen wird betreut; es wird für Fortbildung und Austausch gesorgt. So stellen wir sicher, dass es für zahntechnische Arbeiten auch zahntechnische Sachverständige gibt und nicht allein Zahnmediziner als Gutachter auftreten. Allein ein Vorstandsmitglied kümmert sich um die Themen rund um Ausbildung, Entwicklung der BEB Zahntechnik® unter Einbeziehung der aktuellen Technologien und Materialien einschließlich der Refa-Zeitstudien (Kostenrechnung). Und es gibt so vieles mehr, was sich nicht mit einem kurzen Schlagwort beschreiben lässt. Der ständige Kampf um die BEL, die klassische Lobby-Arbeit und die Auseinandersetzung mit unseren Partnern aus der Zahnärzteschaft (zum Beispiel zu Themen wie das Korruptionsgesetz) sind weitere der vielen Beispiele.
Der Wunsch vieler Zahntechniker nach dem „großen Wurf“, der wieder mehr Umsatz in die Labore bringt, ist verständlich, aber aufgrund der Situation auf dem Gesundheitsmarkt schlichtweg nicht zu erreichen. Genau wie die einzelnen Labore sich im Markt nur insoweit behaupten können, wie ihnen die Konkurrenz nicht mit Dumpingpreisen die Kunden streitig macht. Vieles, was wir erreichen, liegt in der Verhinderung von Schlimmerem. Und alle, die meinen, das sei nichts, möchte ich bitten darüber nachzudenken, was passiert, wenn wir demnächst keine Innungen und keinen VDZI mehr haben. Wenn das Handwerk nicht mehr selbst die Ausbildung betreut, die eigenen Preise verhandelt und keiner mehr da ist, der was tut, wenn das Handwerk aus der Anlage A der Handwerksordnung fallen soll und viel anderes mehr.
2. „Die berufspolitische Vertretung hat keinen Wert und die Höhe der zu zahlenden Beiträge korreliert nicht mit dem Nutzen.“
Es ist bereits ein Problem, dass es schwer zu vermitteln ist, was berufspolitisch gemacht, angeschoben, verhindert oder zumindest beeinflusst wird. Ein noch größeres Problem ist es, das berufspolitische Engagement in einen monetären Vorteil pro Betrieb umzurechnen. Aber ein Beispiel: Der deutsche Bundestag verfolgte schon vor einigen Jahren die Absicht, die Keramikverblendung aus der Bezuschussung durch Kassen herauszunehmen beziehungsweise den Zuschuss auf die Basis der Kunststoffverblendung zu reduzieren. Nur die Anwesenheit des damaligen Präsidenten des VDZI, der mit seinem Wortbeitrag die Entscheidungsträger davon überzeugen konnte, dass dies keine der Versorgungsqualität dienliche Entscheidung ist, hat das verhindert. Jeder Zahntechniker weiß, wie häufig er eine Keramikverblendung macht. Leicht vorstellbar, was es für das Handwerk bedeutet hätte, wäre der Zuschuss für diese Position entfallen. Ohne den berufspolitischen Vertreter im richtigen Moment an richtiger Stelle hätten viele zahntechnische Betrieb viele Tausend Euro Umsatz weniger im Jahr.
Zudem bieten viele Innungen ein umfangreiches Dienstleistungsangebot. Wird das genutzt, kann der Innungsbeitrag theoretisch vollständig refinanziert werden. Als Beispiel nenne ich die juristische Beratung. Für Innungsmitglieder beantwortet eine Rechtsanwältin betriebsbezogene juristische Fragen. Ein betriebsindividuelles Formular für einen Arbeitsvertrag und die Begleitung einer Kündigung pro Jahr hat durchschnittlich mindestens den Wert des Jahresgrundbeitrags. Die Abrechnungsberatung beschränkt sich nicht auf eine kurze Telefonauskunft. Liegt kein Fehler in der Laborrechnung vor, übernehmen unsere Experten die Klärung der streitigen Rechnung – wenn das Mitglied es wünscht.
3. „Die Innung ist eine überalterte Einrichtung, in der überwiegend alte Männer ihr Bedürfnis nach Wichtigkeit ausleben und sich neben Ehrennadeln hohe Aufwandsentschädigungen zukommen lassen.“
Alle, die das denken, kann ich nur dazu aufrufen, sich selbst zu engagieren. Wer heutzutage im Zahntechniker-Handwerk ein Ehrenamt übernimmt, bringt viel Zeit ein, ohne dafür adäquat entlohnt zu werden. Selbst bei einem geringen Einkommen aus einem durchschnittlichen zahntechnischen Betrieb würde jedes Vorstandsmitglied mehr Geld verdienen, würde es seine wertvolle Zeit im Labor arbeiten. Und weil das so ist, können es sich so wenig jüngere Leute leisten, ihre Betriebe allein zu lassen und ihre Zeit mit Innungsarbeit zu verbringen. Abgesehen davon gilt die nachrückende Generation leider generell als wenig geneigt, sich in Gruppen, Verbänden oder Vereinen zu engagieren.
Was muss sich nun Ihrer Ansicht nach ändern, um die Akzeptanz bei den Zahntechnikern wieder zu erhöhen?
Als erstes muss die Kommunikation verbessert werden. Es muss uns gelingen, darzustellen, was alles an Arbeit geleistet wird und zu erklären, warum viele der Forderungen nicht durchsetzbar sind. Wir müssen verdeutlichen, dass die Arbeit der Innungen und des VDZI unersetzlich für den Fortbestand des Berufs als selbstständiges Handwerk ist. Zudem sollten aber auch bestehende Strukturen in Frage gestellt werden. Das fängt bei den Satzungen an und hört beim Verhältnis zu Kassen und Praxislaboren auf. Das sind oft berufspolitische Entscheidungen, bei denen es verschiedene Meinungen gibt. Die Innungen sind demokratische Einrichtungen; nicht der Vorstand oder die Geschäftsführung entscheiden, sondern die Innungsversammlungen. Deshalb rein in die Innungen und gestalten! Es gibt dazu keine gleichwertige Alternative!
Bei welchen Regularien, die in den vergangenen zwei Jahren erfolgreich abgeschlossen wurden, hat die Innung mitgewirkt?
Vieles, was das Zahntechniker-Handwerk unmittelbar betrifft, ist Bundesrecht und daher von einer Landesinnung nicht zu beeinflussen. Aber der Bundesverband hat Einfluss. Zum Beispiel wurde sehr erfolgreich interveniert, als Überlegungen zur Reform des Handwerksrechts angestellt wurden. Es war im Gespräch, das Zahntechniker-Handwerk aus der Anlage A der Handwerksordnung zu streichen. Das hätte bedeutet, dass für die Niederlassung mit einem Labor kein Meistertitel mehr erforderlich gewesen wäre. Was dies für eine Branche bedeutet hätt, können wir an anderen Gewerken ablesen. Als zweites ist die Aufhebung der Bindung an die Grundlohnsumme für Preisverhandlungen auf Landesebene zu nennen, für die eine Änderung des SGBV notwendig war.
Auf Landesebene ist in Berlin-Brandenburg ein bemerkenswerter Abschluss bei Verhandlungen zu den BEL-Preisen zu nennen, der den Betrieben unter dem Strich einen überdurchschnittlichen Erhöhungsbetrag gebracht hat. Eine weitere berufspolitische Initiative auf regionaler Ebene war die Gründung der „Berliner Gesundheitshandwerke“; ein Zusammenschluss der Augenoptiker, Hörgeräteakustiker, Orthopädietechniker, Orthopädieschuhmacher und Zahntechniker. Gemeinsam bringen wir mehr Gewicht auf die Waagschale und können die Interessen der Gesundheitshandwerke mit lauterer Stimme vertreten.
Wie positioniert sich die Innung dazu, dass zirka 30 Prozent des in Deutschland eingegliederten Zahnersatzes im Ausland hergestellt wird?
Konkurrenz durch Produkte aus dem Ausland ist da und sie ist politisch gewollt. Überall fallen Handelsschranken. Die Institutionen der EU arbeiten fast alle für das Ziel, jedem Mitglied eines EU-Landes gleiche Chancen auf den Märkten der übrigen EU-Länder zu ermöglichen. Den hohen Kosten im Gesundheitswesen will die Bundesregierung mit der Eröffnung von noch mehr Wettbewerb begegnen. Zu glauben, dass man irgendwo in der Politik Erfolg hat mit Forderungen nach Einfuhrbeschränkungen, höheren Zöllen oder Abschottungen des Binnenmarktes ist illusorisch. Vielmehr müssen wir uns darauf konzentrieren, was zu beeinflussen ist, zum Beispiel eine Senkung der hohen Anforderungen an Medizinprodukte verhindern. Dafür arbeitet der VDZI auf europäischer und Bundesebene mit.
Konkurrenz kann nicht verhindern werden. Jeder muss auf sich selber schauen und sich fit machen für den Konkurrenzkampf. Das bedeutet beispielsweise, das deutsche Zahntechniker-Handwerk zu stärken beziehungsweise attraktiver zu machen und Vorteile wie Wohnortnähe und Dienstleistung auszubauen. Sich darum Gedanken zu machen, wie das Labor vor Ort unverzichtbar für den Zahnarzt wird, ist gewinnbringender als der Versuch, einen Staatssekretär vom Wert höherer Zölle auf zahntechnische Arbeiten aus China zu überzeugen.
Wie agiert die Innung bei Themen wie Selektivverträgen oder Rahmenverträgen von Krankenkassen?
Es gibt einen klaren berufspolitischen Konsens der im VDZI organisierten Innungen: Selektivverträge-Verträge, die einzelne Krankenkassen mit einzelnen Laboren oder Laborgruppen über die Erbringung zahntechnischer Leistungen abschließen – lehnen wir ab. Für Selektivverträge gibt es in der Regel keine gesetzliche Grundlage, sodass sie nunmehr wiederholt von den Sozialgerichten für unwirksam erklärt wurden.
Unabhängig davon ist es für das organisierte deutsche Zahntechniker-Handwerk sinnvoll, die Krankenkassen im Interesse aller als Partner zu gewinnen. Die Kassen haben erheblichen Einfluss auf das Marktgeschehen, das sehen wir dort, wo sie anfangen, ihren Patienten ausländische Zahnkliniken zu empfehlen. Die Innung Berlin-Brandenburg hat zur Abwehr einer solchen Praxis bei der AOK Nordost erfolgreich ein aufsichtsrechtliches Verfahren geführt. Würden die Kassen ihren hohen Einfluss im Sinne der regionalen Zahntechniker ausüben, wäre das ein Gewinn für die hiesigen gewerblichen Labore, aber auch für die Versicherten. Die inhaltliche Gestaltung dieser Kooperationen ist eine berufspolitische Aufgabe.
Balanceakt Praxislabore: Gewerbliche Labore bemängeln unter anderem, dass Fachkräfte akquiriert, aber nicht ausgebildet werden. Wie denken Sie als Innung darüber?
Die Frage ist etwas falsch gestellt. Ich glaube nicht, dass sich gewerbliche Labor darüber beschweren, dass Praxislabore nicht ausbilden. Die Ausbildung ist allein die Aufgabe des Handwerks! Aber es ist sicherlich richtig, dass gewerbliche Labor nicht davon begeistert sind, dass Junggesellen, die sie über 3,5 Jahre mit allen damit verbundenen Kosten und Mühen ausgebildet haben, nach der Ausbildung in ein Praxislabor wechseln, da dort zum Teil deutlich höhere Löhne gezahlt werden. Mit diesen Gehältern können viele gewerbliche Labore bei der derzeitigen Umsatzsituation nicht konkurrieren. Dies ist eine aus unserer Sicht unerfreuliche Tatsache, die mit der manchmal schwierigen Wettbewerbssituation zwischen gewerblichem Labor und Praxislabor zu tun hat.
Vielen Dank Frau Behra, für die ausführlichen Antworten
Annett Kieschnick
Freie Fachjournalistin, Berlin