Autorin: RAin Jennifer Jessie, Beirätin Rechtsfragen Dentista e.V. (Kanzlei Lyck+Pätzold. healthcare.recht)
„Darf ich trotz Beschäftigungsverbot auf eigenes Risiko weiterarbeiten?“
Werden angestellte Zahnärztinnen schwanger wird in aller Regel seitens des Arbeitgebers ein arbeitsplatzbezogenes Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Hintergrund ist, dass aufgrund der Natur der vertraglich vereinbarten Tätigkeit am Behandlungsstuhl weder eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes noch ein vorübergehender Arbeitsplatzwechsel in einen anderen Bereich in zumutbarem Maße möglich ist.
Liegen die Voraussetzungen für ein arbeitsplatzbezogenes Beschäftigungsverbot vor, stellen sich manche angestellten Zahnärztinnen gleichwohl die Frage, ob sie dennoch anderen Tätigkeiten (weiter) nachgehen können oder nicht oder ob sie nicht sogar „auf eigenes Risiko“ weiter behandeln dürfen.
Hierzu ist zu wissen, dass die Gefährdungsbeurteilung und das arbeitsplatzbezogene Beschäftigungsverbot stets nur für den konkreten Arbeitsplatz gilt. Das bedeutet, dass z.B. eine Nebentätigkeit in einem anderen Betrieb nicht zwangsläufig auch eingestellt werden muss, wenn dort die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverbot gerade nicht vorliegen. Dies setzt allerdings auch voraus, dass eine Nebentätigkeit nach dem Arbeitsvertrag im Hauptarbeitsverhältnis überhaupt zulässig ist. Dies ist eine Frage des Einzelfalls und sollte vorab geklärt werden.
Unzulässig ist es allerdings eine schwangere oder stillende Frau bei Vorliegen der Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverbot weiter zu beschäftigen, auch wenn sich die Angestellte dies ausdrücklich wünscht. Denn ein Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nur diejenigen Tätigkeiten ausüben lassen, für die er die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen hat. Bei einer Entscheidung für ein Beschäftigungsverbot kommt der Arbeitgeber ja gerade zu dem Ergebnis, dass zumutbare Schutzmaßnahmen und eine Fortführung der Tätigkeit während der Schwangerschaft oder Stillzeit nicht möglich ist. Beschäftigt ein Arbeitgeber seine schwangere oder stillende Mitarbeiterin trotzdem weiter, d.h. obwohl er keine zumutbaren Schutzmaßnahmen ergreifen kann, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die nach § 32 MuSchG mit einer Geldbuße bis zu € 30.000,00 seitens der Aufsichtsbehörde geahndet werden kann.
Praxistipp
Letztlich ist die Beurteilung der Arbeitsbedingungen immer eine Frage des Einzelfalls. Jeder Praxisinhaber ist verpflichtet, eine saubere Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und genau zu prüfen, ob eine unzumutbare Gefährdung vorliegt oder nicht und welche konkreten Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. Kommt er zu dem Ergebnis, dass hinreichenden Schutzmaßnahmen und auch ein vorübergehender Arbeitsplatzwechsel für die Zeit der Schwangerschaft oder Stillzeit nicht möglich sind, kann die angestellte Zahnärztin ggf. gleichwohl einer anderen Nebentätigkeit weiter nach gehen, wenn dies vertraglich zulässig ist und dort kein Beschäftigungsverbot greift. In der eigenen Praxis darf der Arbeitgeber die Mitarbeiterin allerdings nicht weiter beschäftigen, auch wenn diese sich das ausdrücklich wünscht.